Ein philiströser philosophischer Schrebergärtner

(...) auf den Biedermann Goethe, den Insekten- und Aphorismensammler mit seinem philosophischen Vogerlsalat (...). Auf Goethe, den philosophischen Kleinbürger, auf Goethe, den Lebensopportunisten, von welchem Maria immer gesagt hat, daß er die Welt nicht auf den Kopf gestellt, sondern den Kopf in den deutschen Schrebergarten gesteckt hat. Auf Goethe, den Geistesnummerierer, den Sterndeuter, den philosophischen Daumenlutscher der Deutschen, der ihre Seelenmarmelade abgefüllt hat in ihre Haushaltsgläser für alle Fälle und alle Zwecke. Auf Goethe, der den Deutschen die Binsenwahrheiten gebündelt und als allerhöchstes Geistesgut durch Cotta hat verkaufen und durch die Oberlehrer in ihre Ohren hat schmieren lassen, bis zur endgültigen Verstopfung. Auf Goethe, der den deutschen Geist mehr oder weniger für Jahrhunderte verraten und auf das Mittelmaß der Deutschen gestutzt hat (...). Auf Goethe, den philosophischen Rattenfänger (...), der Gebrauchsdeutsche (...), sie, die Deutschen, nehmen Goethe ein wie ein Medizin und glauben an ihre Wirkung, an ihre Heilkraft, Goethe ist im Grunde nichts anderes als der Heilpraktiker der Deutschen (...), der erste deutsche Geisteshomöopath (...). Aber Goethe ist ein Scharlatan (...), wie die Heilpraktiker Scharlatane sind und die goethische Dichtung und Philosophie ist die größte Scharlatanerie der Deutschen. (...) seien sie vor Goethe auf der Hut. Allen verdirbt er den Magen, sagte ich, nur den Deutschen nicht, sie glauben an Goethe wie an ein Weltwunder. Dabei ist dieses Weltwunder nur ein philiströser philosophischer Schrebergärtner. (...). In nichts hat Goethe das Höchste geleistet, in allem nur das Mittelmaß zustande gebracht.

Hölderlin ist der große Lyriker, Musil der große Prosaschreiber und Kleist der große Dramatiker. Goethe ist es dreimal nicht.

Be***

(Auslöschung, S. 575-577).