Der innere Zeuge

Zu den Besonderheiten der enklavierten Subjektivität gehört, wie bemerkt, die Technik der Selbstentzweiung, derentwegen sich die Anachorese zum Grenzfall einer nach innen gezogenen Kunst, in guter Gesellschaft zu sein, ausbildete. Eine vertiefte Selbstanalyse des zurückgezogene Subjekts zeigt allerdings, daß es bei einer Verdoppelung des Übungsträgers in das beobachtete Selbst und den beobachtende Großen Anderen nicht bleiben kann. Die dyadische Relation zwischen der rezessiv isolierten Seele und ihrem inneren Partner erweist sich ihrerseits als eine Figur auf einem Grund von anonymem Bewußtsein, das beide Pole unterspannt. Zu dem Zwiegespräch zwischen dem Ich, das sich der Übung unterwirft, und seinem Mentor, der die Übung überwacht, ist der innere Zeuge hinzuzurechnen, der als dritte Instanz dem Austausch der beiden immer schon beiwohnt. Mit der Entdeckung der triadischen Struktur des mentalen Raums beginnt zugleich die Integration oder Transfusion der Großen Anderen ins Ich. (...) Indem sich das Anfangs-Ich mehr und mehr von seinen pathologischen Zügen befreit (...) zieht es die bedingungslose Präsenz des Zeugen auf seine Seite. So kann es mit der Zeit den seinerseits pathologischen Habitus des Gesehen-werdens-durch-den-Großen-Anderen ablegen.

Sl***

(Du mußt dein Leben ändern, S. 370-371).