Das Postulat des Allwissens erinnert an eine uns längst fremd und befremdlich gewordene Zeit, als unter Wissen noch fast ausschließlich qualitatives und in der Natur der Sachen fundiertes Wissen verstanden wurde. Es legte sich selbst als Wesenserkenntnis aus und nahm in Anspruch, die durchdringende Einsicht in die Struktur des abgerundeten Essenzenkosmos zu bieten. Es bezog sich auf eine im Prinzip vollendete, obschon phänomenal in Unordnung geratene, somit reparaturbedürftige und insofern unfertig scheinende, jedoch auch reparabele Welt. Weltverbesserer ist zu dieser Zeit, wer der Welt ihre ursprüngliche Vollkommenheit zurückgeben möchte — während heute von der Erkenntnis ausgegangen werden muß, daß jede Reparatur neue Ungleichgewichte, neue Unvollkommenheiten nach sich zieht.
Sl***
(Du mußt dein Leben ändern, S 561).