Was und Wie

Gemeinhin faßt man in der Philosophie und meist sogar unter Berufung auf die Antike die Wesensfrage so, daß in ihr nur die Rede ist von dem, was etwas ist, vom Was-sein, ganz abgesehen davon, ob es wirklich ist oder nicht; die Wirklichkeit ist hier ohne Bedeutung. Aber das ist zwiedeutig — und die Philosophie ist dieser Zwiedeutigkeit zum Opfer gefallen; denn sie hat es meist verabsäumt, zu fragen, was denn das Wesen auch der Wirklichkeit sei; wo die Frage gestellt ist, da geschieht es gerade so, daß Wirklichkeit existentia, in einem weiten, allumfassenden Sinne genommen wird, — das Wirkliche ist dann das Vorhandene; man sieht nicht, daß eben auch die Wirklichkeit wesenhaft sich wandelt mit dem Wesen im engeren Sinne, worin nur das Was-sein ausgedrückt ist. Das volle Wesen eines Seienden aber, das müssen wir erst lernen zu verstehen, betrifft sowohl das Was eines Seienden als das Wie seiner möglichen bzw. wirklichen Wirklichkeit.

He***
(Aristoteles Metaphysik Θ 1-3, S.223)