Denkerische Aus-einander-setzung

Mann kann z.B. Kants Philosophie (worin besteht sie?) für unrichtig halten (und was heißt das?). Man kann daraus und aus dem Nachweis ihrer Unrichtigkeit eine Berufs- und Lebensarbeit machen. Nur ist das kein Philosophieren, kein Erfragen des Wesens des Seins. Wo dieses wesensgerecht vollzogen wird, erscheint Kants Denken überhaupt nicht als »Gegenstand«, sondern als Mitfragendes und Vor-fragenden derselben Frage. Daher steht nicht zur Erörterung, ob Kant etwas richtig oder falsch gemacht habe, sondern ob wir die Wahrheit seines Denkens nachzudenken, d.h. ursprünglicher (nicht richtiger) mitzudenken vermögen. Denkerische Aus-einander-setzung ist fragende Aufschließung in die Zuweisung zur Fragwürdigkeit des Seins.

H***
(Besinnung, S. 76)