Der Ruf ist Vorruf

Was ruft das Gewissen dem Angerufenen zu? Streng genommen — nichts. Der Ruf sagt nichts aus, gibt keine Auskunft über Weltereignisse, hat nichst zu erzählen. Am wenigsten strebt er darnach, im angerufenen Selbst ein »Selbstgespräch« zu eröffnen. Dem angerufenen Selbst wird »nichts« zu-gerufen, sondern es ist aufgerufen zu ihm selbst, da heißt zu seinem eigensten Seinkönnen. Der Ruf stellt, seiner Ruftendenz entsprechend, das angerufene Selbst nicht zu einer »Verhandlung«, sondern als Aufruf zum eigensten Selbstseinkönnen ist er ein Vor(nach-»vorne«)Rufen des Daseins in seine eigensten Möglichkeiten.

H***
(Sein und Zeit, S. 273).