Nichts ist für die Verliererromantik so charakteristisch wie die Tendenz, daß ihre Akteure sich die eigene Ohnmacht in praktischen Dingen als Tugend anrechnen und ihre Unbrauchbarkeit zu konkreten Ämtern und Diensten als Beweis der zuständigkeit für sämtliche Weltprobleme proklamieren. Mit den philosophierenden Kosmopoliten der nachplatonischen Ära tritt der Typus der freischwebenden Intellektuellen auf den Plan, die aus der Not der Niederlage die Tugend der Bindungslosigkeit machen — ergänzt um das Recht der Einmischung in alles, was Menschen angeht. Romantik ist imaginärer Souveränismus in nach-politischen Situationen.
Sl***
(Scheintod im Denken, S.76)