Tributpflicht der Machthaber

Daß die Machtentfaltung und Machtausübung auf dem Grunde der neuzeitlichen Metaphysik das neuzeitliche Menschentum mit «Idealen» versieht und bald die «soziale Gerechtigkeit», bald den «Fortschritt der Kultur», bald die Rettung der abendländischen «Kultur», bald eine neue «Weltordnung», bald ein politisches System als «Hochziele» aufsteckt, das alles ist nicht eine größere odere geringere, geschicktere oder ungeschicktere Verlogenheit, die aus sonstwelchen trüben Quellen menschlichen Handelns stammt, sondern dieses Sichnichtdecken dessen, was man sagt und was man «eigentlich meint», wird vom Wesen der Machtermächtigung jedem Machthaber abgefordert. Diese müssen einen Tribut bezahlen, der jedes andere «Opfer» übersteigt und sie müssen ihn oft bezahlen, indem sie das weitere abzuleisten haben, nicht einmal wissen zu können, in welcher Tributpflicht sie stehen.

H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 76).