Aber der
reflektierende Verstand bemächtigte sich der Philosophie. Es ist genau zu wissen, was dieser Ausdruck sagen will, der sonst vielfach als Schlagwort gebraucht wird; es ist überhaupt darunter der abstrahirende und damit trennende Verstand zu verstehen, der in seinen Trennungen beharrt. Gegen die Vernunft gekehrt beträgt er sich als
gemeiner Menschenverstand und macht seine Ansicht geltend, daß die Gedanken
nur Gedanken seyen, in dem Sinne, daß erst die sinnliche Wahrnehmung ihnen Gehalt und Realität gebe, daß die Vernunft, insofern sie an und für sich bleibt, nur Hirngespinste erzeugt. In diesem Verzichtthun der Vernunft auf sich selbst geht der Begriff der Wahrheit verloren, sie ist darauf eingeschränkt, nur subjektive Wahrheit, nur die Erscheinung zu erkennen, nur etwas, dem die Natur der Sache selbst nicht entspreche; das Wissen ist zur
Meinung geworden.
Diese Wendung jedoch, welche das Erkennen nimmt, und die als Verlust und Rückschritt erscheint, hat das Tiefere zur Grunde, worauf überhaupt die Erhebung der Vernunft in den höheren Geist der neuern Philosophie beruht. Der Grund jener allgemein gewordenen Vorstellung ist nämlich in der Einsicht von dem
nothwendigen Widerstreite der Bestimmungen des Verstandes mit sich selbst zu suchen. — Die schon namhaft gemachte Reflexion ist dieß, über das konkrete Unmittelbare hinaus zu gehen, und dasselbe zu
bestimmen und zu
trennen. (...). Dieses Beziehen der Reflexion gehört an sich der Vernunft an; die Erhebung über jene Bestimmungen, die zur Einsicht des Widersteites derselben gelangt, ist der große negative Schritt zum wahrhaften Begriffe der Vernunft.
He***
(Wissenschaft der Logik, Erster Theil, S. 29-30).