Leben der Philosophen: Pherekydes

Aber auch viel Wunderbares wird von ihm erzählt. So soll er bei einem Spaziergang am Strande von Samos beim Anblick eines mit vollen Segeln dahinfahrenden Schiffes gesagt haben, nicht lange werde es dauern, so gehe es unter. Und vor seinen Augen noch sei es gesunken.

Di***

(Leben und Meinungen berühmter Philosophen, I, 116).

Leben der Philosophen: Epimenides

Langherabwallendes Haupthaar gab seinem Aussehen etwas Fremdartiges. Er wurde einst von seinem Vater aufs Feld geschickt zur Aufsicht über die Schafsherde; in der Mittagszeit bog er vom Wege ab und verfiel in einer Grotte in einen siebenundfünfzigjährigen Schlaf.

Manche behaupten auch, er habe gar nicht geschlafen, sondern habe eine Zeitlang die Menschengesellschaft gemieden, ganz beschäftigt mit dem Einsammeln heilkräftiger Kräuter.

Di***

(Leben und Meinungen berühmter Philosophen, I, 109,112).

Leben der Philosophen: Myson

Er sei nämlich ein Menschenhasser gewesen. So habe man ihn in Lakedaimon beobachtet, wie er ganz für sich allein in der Einsamkeit gelacht habe. Und von einem, der ihn in solcher Lage überraschte, gefragt, warum er fernab von jeder menschlichen Gesellschaft lache, habe er geantwortet: Eben deshalb.

Di***

(Leben und Meinungen berühmter Philosophen, I, 107-108).

Leben der Philosophen: Anacharsis

Nach Verlauf einiger Zeit kehrte er nach dem Skythenland zurück und arbeitete, überzeugt von der Unzulänglichkeit der heimischen Einrichtungen, mit aller Kraft auf eine Umgestaltung derselben im Sinne des Griechentums hin. Da ward er auf der Jagd von seinem Bruder durch einen Pfeilschuß umgebracht und endete mit den Worten, durch seiner Rede Kunst sei er glücklich aus Griechenland wieder heimgekommen, durch die Mißgunst daheim aber sei er ums Leben gekommen.

Di***

(Leben und Meinungen berühmter Philosophen, I, 102).

Leben der Philosophen: Periander

Im Verlauf der Zeit ereignete es sich, daß Periander in einem Anfall von Zorneswut seine schwangere Frau durch den Wurf mit einem Schemel oder durch einen Fußtritt ums Leben brachte, verleitet durch Verleumdungen von Kebsweibern, die er später verbrennen ließ. Von seinem Sohn Lykophron aber, der seine Mutter tief betrauerte, sagte er sich los und ließ ihn nach Kerkyra bringen.

Ihm gehört das Wort: Reger Eifer vermag alles.

Di***

(Leben und Meinungen berühmter Philosophen, I, 94,99).

Leben der Philosophen: Kleoboulos

(...), mit der Frau nicht zärtlich sein aber auch nicht zanken in Gegenwart anderer; das eine sei Unverstand, das andere Tollheit. (...).

Sein Kernspruch war: Das Maß ist das beste.

Di***

(Leben und Meinungen berühmter Philosophen, I, 92-93).

Leben der Philosophen: Bias

Man müsse so lieben, alsob man später hassen würde, denn die Schlechten seien in der Überzahl.

Sein Spruch war: Die meisten sind schlecht - οι πολλοι κακοι.

Di***

(Leben und Meinungen berühmter Philosophen, I, 87).

Leben der Philosophen: Pittakos

Alkaios nennt ihn einen Schleppfüßler und zwar deshalb, weil er plattfüßig war und die Füsse nachschleppte (...), einen Prahlhans, weil er sich in hohler Eitelkeit gefiele, einen Schmerbauch, weil er dickbäuchig und fett war; ferner auch einen Dunkelfresser, weil er sich keines Lichtes beim Abendessen bediente, einen Schlapphans wegen seines schlappigen Äußern und seiner Unreinlichkeit.

Di***

(Leben und Meinungen berühmter Philosophen, I, 81).

Leben der Philosophen: Chilon

Mit Worten war er kurz angebunden; daher bezeichnet denn auch Aristagoras aus Milet diese Kürze der Rede (βραχυλογια) als Chilonische Art.

Di***

(Leben und Meinungen berühmter Philosophen, I, 72).

Leben der Philosophen: Solon

Darauf erklärte der Rat ihn für wahnsinnig, worauf er erwiderte:

Kurze Zeit, und es wird mein Wahn sich allen enthüllen,
Wenn sich die Wahrheit den Weg freimacht für jedermanns Blick.


Doch ohne Wirkung verhallten seine Worte.

Di***

(Leben und Meinungen berühmter Philosophen, I, 49-50).

Leben der Philosophen: Thales

Gegen das Drängen auf Verheiratung von Seiten seiner Mutter soll er sich zur Wehr gesetzt haben mit den Worten: "Noch ist nicht Zeit dazu," und als sie ihn bei vorgeschrittenem Alter heftiger bestürmte, soll er entgegnet haben: "Nun ist die Zeit dazu vorüber." Ferner berichtet der Rhodier Hieronymos in dem 2. Buch seiner vermischten Denkwürdigkeiten, er habe, um den Beweis zu liefern, daß es gar kein Kunststück sei, reich zu werden, in Voraussicht einer reichen Ölfrüchtenernte alle Ölpressen gemietet und dadurch ein enormes Vermögen gewonnen.

Di***

(Leben und Meinungen berühmter Philosophen, I, 26).

Keiner der Alten...

Nam nihil ex nihilo exsistere uera sententia est, cui nemo umquam ueterum refragatus est (...).

Bo***

(De consolatione philosophiae, 5,1).

Könnten aber aus Nichts die Dinge werden

nullam rem e nihilo gigni divinitus umquam.
quippe ita formido mortalis continet omnis,
quod multa in terris fieri caeloque tuentur,
quorum operum causas nulla ratione videre
possunt ac fieri divino numine rentur.
quas ob res ubi viderimus nil posse creari
de nihilo, tum quod sequimur iam rectius inde
perspiciemus, et unde queat res quaeque creari
et quo quaeque modo fiant opera sine divom.
Nam si de nihilo fierent, ex omnibus rebus
omne genus nasci posset, nil semine egeret.

Dass aus Nichts nichts wird, selbst nicht durch Willen der Götter.
Denn so enge beschränket die Furcht die Sterblichen alle,
Da sie so viel der Erscheinungen sehn, am Himmel, auf Erden,
Deren wirkenden Grund sie nicht zu erfassen vermögen,
Dass sie glauben, durch göttliche Macht sei dieses entstanden.
Haben wir aber erkannt, dass aus Nichts nichts könne hervorgehn,
Werden wir richtiger sehn, wonach wir forschen; woraus denn,
Und wie, alles entsteh', auch ohne die Hilfe der Götter.
Könnten aber aus Nichts die Dinge werden, so könnt' auch
Alles aus allem entstehn; nichts brauchte des zeugenden Samens.


Lu***

(De rerum natura, I 150-159).

Nichts entsteht aus dem Nichtseiende

πρῶτον μὲν ὅτι οὐθὲν γίνεται ἐκ τοῦ μὴ ὄντος. πᾶν γὰρ ἐκ παντὸς ἐγίνετ' ἂν σπερμάτων γε οὐθὲν προσδεόμενον. καὶ εἰ ἐφθείρετο δὲ τὸ ἀφανιζόμενον εἰς τὸ μὴ ὄν, πάντα ἂν ἀπωλώλει τὰ πρά-γματα, οὐκ ὄντων εἰς ἃ διελύετο. καὶ μὴν καὶ τὸ πᾶν ἀεὶ τοιοῦτονἦν οἷον νῦν ἐστι, καὶ ἀεὶ τοιοῦτον ἔσται. οὐθὲν γάρ ἐστιν εἰς ὃμεταβάλλει. παρὰ γὰρ τὸ πᾶν οὐθέν ἐστιν ὃ ἂν εἰσελθὸν εἰςαὐτὸ τὴν μεταβολὴν ποιήσαιτο.

Zunächst, daß nichts aus nichts wird. Anderfalls würde alles aus allem werden, da es ja keines Samens bedürfte. Und ginge das Verschwindende ins Nichtseiende über, so wäre es wohl schon längst um all Dinge geschehen, da das, worein sie sich auflösten, ein Nichts wäre. Es war aber auch das Ganze immer von gleicher Art wie jetzt, und es wird auch immer so sein.

Ep***

(Diogenes Laertius, X 38-39).

Nichtig

και κ'ουδεν εκ δενος γενοιτο

Al**

(23D)

Aus nichts könnte nie etwas entstehen.

Spät erst

[πολλοις μεν θανατω] μοιρα καθεσκ[εθε]
[ωλλοι δ'αυ φον]ιοις ημεν επε[μμενοι]
[οψι δ'αμμε κακ]ων Ζευς υπελ[υσατο ]

Al***

(35D12-14).


Viele riß da hinweg dunkeles Todeslos
und ein Trauergewand tragen wir Lebenden.
Spät erst hat uns der Gott von der Gefahr gelöst.

Selbstvernichtung des Denkens

Wer vom Denken jedoch nur eine Versicherung erwartet und den Tag errechnet, an dem es ungebraucht übergangen werden kann, der fordert dem Denken die Selbstvernichtung ab. Die Forderung erscheint in einem seltsamen Licht, wenn wir uns darauf besinnen, daß das Wesen der Sterblichen in die Achtsamkeit auf das Geheiß gerufen ist, das sie in den Tod kommen heißt.

He***

(Vorträge und Aufsätze: Moira (Parmenides VIII, 34-41), S. 256).

Die jedesmal dunklere Brunnentiefe eines Rätsels

Das Wort der Denker hat keine Autorität. Das Wort der Denker kennt keine Autoren im Sinne der Schriftsteller. Das Wort des Denkens ist bildarm und ohne Reiz. Das Wort des Denkens ruht in der Ernüchterung zu dem, was es sagt. Gleichwohl verändert das Denken die Welt. Es verändert sie in die jedesmal dunklere Brunnentiefe eines Rätsels, die als dunklere das Versprechen auf eine höhere Helle ist.

He***

(Vorträge und Aufsätze: Logos (Heraklit Fragment 50), S. 229).

Heimatlosigkeit

Wie, wenn die Heimatlosigkeit des Menschen darin bestünde, daß der Mensch die eigentliche Wohnungsnot noch gar nicht als die Not bedenkt? Sobald der Mensch jedoch die Heimatlosigkeit bedenkt, ist sie bereits kein Elend mehr. Sie ist, recht bedacht und gut behalten, der einzige Zuspruch, der die Sterblichen in das Wohnen ruft.

He***

(Vorträge und Aufsätze: Bauen Wohnen Denken, S. 162).

Das Bedenklichste

Das Bedenklichste zeigt sich in unserer bedenklichen Zeit daran, daß wir noch nicht denken. Wir denken noch nicht, weil das zu-Denkende sich vom Menschen abwendet und keinesfalls nur deshalb, weil der Mensch sich dem zu-Denkenden nicht hin-reichend zuwendet. Das zu-Denkende wendet sich vom Menschen ab. Es entzieht sich ihm, indem es sich ihm vorenthält. Das Vorenthaltene aber ist uns stets schon vorgehalten. Was sich nach der Art des Vorenthaltens entzieht, verschwindet nicht. (...). Was sich entzieht, kann den Menschen wesentlicher angehen und inniger in den Anspruch nehmen als jegliches Anwesende, das ihn trifft und betrifft.

He***

(Vorträge und Aufsätze: Was heißt Denken? S. 134-135).

Das menschliche Wesen wird unheimisch

Inzwischen freilich rast ein zügelloses und zugleich gewandtes Reden, Schreiben und Senden von Gesprochenem um den Erdball. Der Mensch gebärdet sich, als sei er Bildner und Meister der Sprache, während sie doch die Herrin des Menschen bleibt. Vielleicht ist es vor allem anderen die vom Menschen betriebenene Verkehrung dieses Herrschaftsverhältnisses, was sein Wesen in das Unheimische treibt. Daß wir auf die Sorgfalt des Sprechens halten ist gut, aber es hilft nicht, solange uns auch dabei noch die Sprache nur als Mittel des Ausdrucks dient. Unter allen Zusprüchen die wir Menschen von uns her mit zum Sprechen bringen können, ist die Sprache der höchste und überall erste.

He***

(Vorträge und Aufsätze: Bauen Wohnen Denken, S. 146).

Gestalten

Die gestaltenden Kräften stoßen sich.

Ni***

Wissenschaft, Bildung, Besinnung

Sich auf den Sinn einlassen, ist das Wesen der Besinnung. Dies meint mehr als das bloße Bewußtmachen von etwas. Wir sind noch nicht bei der Besinnung, wenn wir nur bei Bewußtsein sind. Besinnung ist mehr. Sie ist die Gelassenheit zum Fragwürdigen.

(...). Besinnung ist anderen Wesens als das Bewußtmachen und Wissen der Wissenschaft, anderen Wesens auch als die Bildung.

(...). Das Zeitalter der Bildung geht zu Ende, nicht weil die Ungebildeten an die Herrschaft gelangen, sondern weil Zeichen eines Weltalters sichtbar werden, in dem erst das Fragwürdige wieder die Tore zum Wesenhafte aller Dinge und Geschicke öffnet.

He***

(Vorträge und Aufsätze: Wissenschaft und Besinnung, S. 68-69).

Das stets übergangene unzugängliche Unumgängliche

Am unzugänglichen Unumgänglichen als solchem liegt es, daß es stets übergangen wird. Insofern als das Unscheinbare ein Grundzug des genannten Sachverhalts selbst ist, wird er erst dann zureichend bestimmt, wenn wir sagen:

Der Sachverhalt, der das Wesen der Wissenschaft, d.h. der Theorie des Wirklichen durchwaltet, ist das stets übergangene unzugängliche Unumgängliche.

He***

(Vorträge und Aufsätze: Wissenschaft und Besinnung, S. 67).