Macht

In sich ist die Macht die unbedingte Mache der Übermächtigung ihrer selbst und der ihr dienstbaren Machsamkeit.

H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 185).

Machbarkeit

Die Machbarkeit besteht darin, daß das Seiende plan- und berechenbar und als so Vorgestelltes jederzeit herstellbar bleibt. Diese Machsamkeit des Seienden gibt die Vorbedingung für die jederzeitige, beliebige und allem Verhandeln entzogene Einsetzbarkeit der Menschen eines entsprechenden Menschentums, dem jede Besinnung lediglich noch als Fehlleistung gelten kann.

H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 185).

Moralität als Machtmittel

Man würde den Willen zur Verteidigung der «Moralität» in der Welt gegen die vermeintliche Unmoral in seiner inneren Zähigkeit unterschätzen, wollte man darin nur Heuchelei sehen. Der Vorgang verliert erst jeden Schein der bloß gemachten Entrüstung, wenn deutlich wird, daß gerade der ehrlichste Kampf für die Rettung von Freiheit und Sittlichkeit nur der Erhaltung und Mehrung eines Machtbesitzes gilt, dessen Mächtigkeit deshalb keine Befragung duldet, weil der Vordrang der Macht als Sein des Seienden sich bereits der Moralität und ihrer Verteidigung als wesentliches Machtmittel bemächtigt hat.

H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 182-3).

Krieg und Frieden

Die Unterscheidung von Krieg und Frieden wird hinfällig, weil beide mit wachsender Aufdringligkeit sich als gleich-gültige Erscheinungen einer «Totalität» verraten. Die «Totalität» des «totalen» Krieges kann daher auch nicht als der nachträgliche Zusammenschluß des Kriegerischen und Friedlichen gelten.

H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 181).

Anfängliches Denken als Philosophie

Nur aus dem Bezug zum ersten Anfang, ja nur aus dem Bezug zu dem, was als Metaphysik die Folge des ersten Anfangs wurde, läßt sich das anfängliche Denken als Philosophie benennen. In Wahrheit ist das seynsgeschichtliche Denken nicht mehr und nicht wieder «Philosophie».

H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 167).

Mensch und Anthropologie

Wenn der Mensch das Wissen seines Wesens zur Kenntnis seiner Beschaffenheit werden läßt und in der Anthropologie das Genügen findet. Das ist nicht bloß Unfähigkeit des Denkens, sondern Seinsvergessenheit und diese ist Seinsverlassenheit.

H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 160).

Die Sprache

Die Sprache ist zum Verkehrsmittel geworden, gleich dem Kraftwagen dient sie zur Beförderung und ist sonst nichts. Die Sprache ist zum Werkzeug der Einpeitschung von kaum bedachten und nicht einmal geglaubten Meinungen der sich abwechselnden Tage und ihrer Täglichkeit. Die Sprache hat nichts mehr vom Wesen des Wortes, sogar das Unwesen hat sie bald verloren.

H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 153).

Das Scheinen

Die Unbedingtheit des bloßen Scheinens fordert von Jedem, der hier nicht untergehen will, sich in diesen Vorrang «einzusetzen». Das Scheinen selbst jedoch vermag sich nicht zu kennen, da es allem zuvor sich zuerst ständig ausweichen muß, um nicht hinter sich selbst zu kommen. Das Scheinen muß sich stets im Lauf halten und das Rechnen und Erleiden auf das Gegenständliche ablenken.

Wenn aber einer das Scheinen selbst in seiner Wesung zu erkennen vermöchte und ein Offenes für das Scheinen gründete, dann enthüllte sich das Scheinen und der Schein als das Seyn, das in die Verbergung zurückgeht.

H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 151).

Seinsverlassenheit

Das Sein verläßt überall das Seiende und überläßt es den Fangen und Griffen der Vergegenständlichung. Das Gegenständliche ist die Beute der Verrechnung. Die Gegenständlichkeit setzt sich an die Stelle des Seins. Das «Seiende» zerfällt. Und das Sein hat sich verborgen.

Und dennoch lärmt und rast Alles und richtet sich ein und verleugnet Bisheriges und verbreitet den Schein des Neuen.
H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 151).

Die «Wahrheit»

Solange wir die «Wahrheit» herkömmlich metaphysisch denken, ist sie stets «Wahrheit über...» — und das Zweite und Nachgetragene.

Wird aber ihr Wesen als Lichtung erkannt, dann ist die Wahrheit «des» Seyns nicht «Wahrheit über...», sondern das Seyn selbst und zwar in seiner Wesung.
H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 145).

Schein des Seyns

Das Seyn nicht «Werden», nicht Wirken, nicht Machen, nicht Macht, nicht bloße Beständigkeit.

All dieses ist ein Schein des Seyns, der dort zugelassen wird, wo das Seyn sich verbirgt und die ιδεα der nachmaligen Vergegenständlichung preisgibt.
H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 141).

Erschweigung

Die Erschweigung ist das anfängliche Wort.
H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 140).

Höchste Vergessenheit

Höchste Vergessenheit, wenn das «Sein» und das «Werden» zu «Werten» geworden sind, d.h. zu machtenden Bedingungen des höchsten Willens zur Macht.
H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 138).

Der Anfang bestimmt...

Der Anfang ist jenes, was die künftige Geschichte so bestimmt, daß er im anderen Anfang sich in das Offene gründet (nicht etwa durch ihn ersetzt wird), oder daß jegliches Anfängliche völlig in sich zurückgeht und nur noch das Seiende ausläuft in das Geschichtslose der bloßen historischen Technik.
H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 136).

Unendlicher Anfang

Der Anfang ist un-endlich, d.h. wesenhaft länger als jede offenen und eröffnete «Geschichte», die aus ihm als Folge von Begebenheiten entkommt.
H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 135).

Das Wissen irrt

Immert irrt das Wissen sagend vorzeitig in das Gemächte und kann nur wenigmal die Wesung der Wahrheit in den langen Anfang bergen.
H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 135).

Weltanschauung

Die «Metaphysik» vollends ist ohne Boden und Grund. Aber deshalb herrscht ihre Nachkommenschaft, die Weltanschauung.
H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 135).

Das Eigentum

Was wird aus dem Seienden, wenn es in der gegründeten Wahrheit des Seyns sich offenbaren muß?

Wie nennen wir das Seiende, wenn es nicht mehr aus der Seiendheit gedacht wird und πραγμα, res, Ding, ens creatum, objectum, Gegenstand ... leere Namen geworden?

Lautet das Wort des Seins des Seienden jetzt Eigentum?

H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 125).

Zeitigungsaugenblicke

Erst die vom Seyn erweste Geschichte wird dann und zwar schon erstanfänglich zur Geschichte des Seyns in dem Sinne, daß sie in die Zeitigungsaugenblicke, die einzigen seltenen, sich herauswirft.

H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 116).

Die Er-eignung in das Inzwischen

Das Inzwischen (als Inmitten und Unterdessen: das Zeit-Raum-hafte) ist das, worinnen Entgegnung und Streit selbst zwischen einander wesen, d.h. sich kreuzen.

Dieses Inzwischen (das Da der Lichtung) ist die Wesung des Seyns selbst — das ihm Er-eignete.

Dieses Wesen der Wahrheit gründet erst je ein Wahres.

Die Er-eignung in das Inzwischen bringt das Seyn in seiner Wesung und wirft das Gegenhafte in sein Auseinander.

H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 110).

Die Verrechnung des Vergangenen

Die Verrechnung des Vergangenen besteht in der vorstellenden Verteilung des über es Kennenswertes auf die Maßnahmen und Vorstellungen der Gegenwart. Die Verrechnung steht im Dienst der Berechnung, die das Gegenwärtige einrichtend lenkt. Die Verrechnung des Vergangenen wird so zu einer Abrichtung der Zeitgenossen auf das, was ihre «Interessen» befriedigt. Die «Interessen» selbst tragen nur so weit, als die je fortgleitende Gegenwart vom Sein des Seienden sich entfernt und auf die wachsende Selbstsicherung und deren Ausformung sich einrollt.

H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 100).

Die Historie

Die Historie ist die Verrechnung der Vergangenheit auf die Gegenwart, dergestalt, daß die Gegenwart zukunftslos bleibt, nichts zuläßt, was verwandelnd auf sie — ihr Wesen betreffend — zukommen könnte. Was als «Zukunft» zugelassen wird, ist das Vor-gerechnete schon Sichere demzufolge in der zugehörigen Übertreibung die «Ewigkeit».

H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 100).

Seyn und Geschichte

Das Seyn verschenkt in der Wesung seiner Wahrheit das Wesen der Geschichte, die, solchen Wesens, seine Geschichte ist.

Die Geschichte kann da nicht als ein Umtrieb mit dem Seyn gelten, aus welchem Umtrieb Begebenheiten entlassen werden; sie bleibt anfänglich die Habe des Seyns. Dieses be-stimmt einen Bezug unvergleichbarer Art. Die Geschichte ist erwest vom Seyn und das Seyn bringt sich in diese Erwesung zu seiner Wahrheit.

H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 96).

Geschichte des Seyns und Verwüstung

Die Geschichte des Seyns muß als erstanfängliche Geschichte der Metaphysik durch die Verwüstung hindurch.

H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 94).

Die Geschichte

Die Geschichte als Geschichte des Seyns (d.h. als Gründung des Ereignisses) kennt nicht nur kein «Zurück», sie kennt auch kein «Vorwärts», weil es dieses nicht gibt, gibt es auch nicht jenes. In ihr und als sie wesen die Jähen der Stiftung und des Sturzes, und das «Zwischen» ist die Dauer der Begebenheiten als Verhüllungen der Vorbereitungen und der Ausläufe: das Unwesen der Jähe.

H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 94).

In memoriam


Das seynsgeschichtliche Denken .2

Das seynsgeschichtliche Denken ist stets anfängliches Denken, es verliert sich nie in irgendeine Art von Historie über den Verlauf von Meinungen und Lehren.

H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 87).

Das seynsgeschichtliche Denken .1

Das seynsgeschichtliche Denken bringt weder Lösungen von Rätseln noch schafft es Beruhigungen in Nöten. Es ist die Inständigkeit im Wesen der Wahrheit. Was mag sonst vom Denken wesentlicheres gefragt werden?

H***
(Die Geschichte des Seyns, S. 87).