Herr Rossi Sucht Das Glück




Denn Herr Rossi sucht das Glück.
Sucht von es soviel ein Stück.
Ja, es fehlt ein Stück vom Glück. 

— Gestatten, Rossi

Ja, Herr Rossi hat ‘nen Wunsch:
Eis vom Nordpol flambiert mit Punch,
Eine Chokolade Burg,
Driemal Kuchen, sechs Kaffee,
Zwanzig Törtchen, dazu Tee.

— Was noch? Was noch? Was noch?

Ja, Herr Rossi möcht noch mehr!
So ein Auto macht was her.
Auch mal Sekt statt immer Milch.
Mal wie Reichen sich benehmen,
in der Spielbank Geld ausgeben.

— Was noch? Was noch? Was noch?

Ja, Herr Rossi sucht das Glück.
Er will nur vom Glück ein Stück.

— Andere können alles haben,
können sich am feinsten laben
und von eben diesen Gaben
möchte Herr Rossi auch was haben.

Sonne — Sonne — Himmel — Himmel — Sonne
Wasser — Wasser — Strand und Sonne
Berge — Berge — Echo — Echo
Blumen — Blumen — Zwanzig Blumen:

Ja, das wäre Herrn Rossi’s Glück,
Das wäre mehr als nur ein Stück.
Doch ihm fehlt ein Stück vom Glück.

...

Und so sucht Herr Rossi weiter,
Er besteigt die Stufen heiter
Dieser langen, langen Leiter...

Akrobatische Askese

Wer Menschen sucht, findet Asketen; wer Asketen beobachtet, entdeckt Akrobaten.

Mit der Blickwende von der Askese zur Akrobatik wird ein Universum von Phänomenen aus dem Hintergrund gehoben, das die größeren Gegensätze auf dem Sprektrum zwischen Geistesfülle und Körperkraft mühelos umspannt. Hier finden Wagenlenker und Gelehrte, Ringkämpfer und Kirchenväter, Bogenschützen und Rhapsoden zusammen — vereint durch gemeinsame Erfahrungen auf dem Weg zum Unmöglichen. Das Weltethos wird auf einem Konzil der Akrobaten formuliert.

Sl***

(Du mußt dein Leben ändern, S 101, 104).


Arirang gogaero nomoganda


Arirang, Arirang, Arariyo ... 
Ich überquere den Arirang Pass. 
Der mich verlassen hat, keine zehn Meilen 
wird er gehen bevor ihm seine Füße weh tun. 

Arirang, Arirang, Arariyo ... 
Ich überquere den Arirang Pass. 
Wie in den klaren Himmel Sterne, 
Soviel Träume gibt’s in unseren Herzen. 

Arirang, Arirang, Arariyo ... 
Ich überquere den Arirang Pass. 
Dort drüben liegt der Paekdu, 
Wo auch an Wintertagen Blumen blühen.

Der Schliemann der Askesen

In seiner Eigenschaft als Akteur und Medium einer anders begriffenen Antike wird Nietzsche zum Entdecker der asketischen Kulturen in ihrer unermeßlichen historischen Ausgedehntheit. Hier spielt die Überlegung eine Rolle, daß das Wort áskesis (...) im klassischen Griechischen schlicht »Übung« oder  »Training«  bedeutet. Im Gefolge seiner neuen Scheidung der asketischen Geister stößt Nietzsche nicht nur auf die fundamentale Bedeutung des übenden Lebens für die Ausbildung von Daseinsstilen oder »Kulturen«. Er legt die Finger auf die ihm zufolge für alle Moralen entscheidende Verzweigung der Übungslebensformen in die Askesen der Gesunden und die der Kranken, wobei er keine Bedenken zeigt, die Antithese mit einer nahezu karikaturalen Schärfe zu präsentieren. (...). Nietzsche ist nicht mehr und nicht weniger als der Schliemann der Askesen.

Sl***

(Du mußt dein Leben ändern, S 58, 59).

Archaïscher Torso Apollos

Wir kannten nicht sein unerhörtes Haupt,
darin die Augenäpfel reiften. Aber
sein Torso glüht noch wie ein Kandelaber,
in dem sein Schauen, nur zurückgeschraubt,

sich hält und glänzt. Sonst könnte nicht der Bug
der Brust dich blenden, und im leisen Drehen
der Lenden könnte nicht ein Lächeln gehen
zu jener Mitte, die die Zeugung trug.

Sonst stünde dieser Stein entstellt und kurz
unter der Schultern durchsichtigem Sturz
und flimmerte nicht so wie Raubtierfelle;

und bräche nicht aus allen seinen Rändern
aus wie ein Stern: denn da ist keine Stelle,
die dich nicht sieht. Du mußt dein Leben ändern.

Ri***

Absoluter Imperativ

Wollte man alle Lehren der Papyrusreligionen, der Pergamentreligionen, der Stylus- und Federkielreligionen, der kalligraphischen und typographischen Religionen, alle Ordensregeln und Sektenprogramme, alle Meditationsanleitungen und Stufenlehren, alle Trainingsvorschriften und Diätologien in eine gemeinsame Werkstatt versetzen, wo sie in eine letzte Redaktion zusammengefaßt werden müßten; Ihr äußerstes Konzentrat würde nichts anderes sagen als das, was der Dichter in einem transluziden Moment aus dem archaischen Torso Apollos emanieren läßt.

Du mußt dein Leben ändern! — so lauter der Imperativ, der die Alternative von hypothetisch und kategorisch übersteigt.

Sl***

(Du mußt dein Leben ändern, S. 47).

Akrobaten

Wo immer man den Angehörigen der humanen Gattung begegnet, sie verraten überall die Züge eines Wesens, das zur surrealistischen Anstrengung verurteilt ist. Wer Menschen sucht, wird Akrobaten finden.

Sl***

(Du mußt dein Leben ändern, S. 29).




Dasein als solches ist eine akrobatische Leistung, und niemand kann mit Gewißheit sagen, welche Ausbildung die Voraussetzungen liefert, um sich in dieser Disziplin zu bewähren. Darum weiß der Akrobat nicht mehr, welche Übungen ihn vor Absturz bewahren — die ständige Aufmerksamkeit ausgenommen. Diese Schwundstufe von Artistik zeigt keineswegs einen Bedeutungsverlust des Phänomens an, sie verrät im Gegenteil, wie die artistischen Motive auf alle Lebensaspekte übergreifen. Das große Thema der Künste und Philosophie des 20. Jahrhunderts — die Entdeckung des Gewöhnlichen — zieht seine Energie aus der Akrobatendämmerung, die sich in eins mit ihm vollzieht.


(ebenda, S. 103-104).

Aufklärung

Wenn Aufklärung in technischer Hinsicht das Programmwort für den Fortschritt im Bewußtsein der Explizitheit darstellt, darf man ohne Scheu vor großen Formeln sagen, daß die Explizitmachung des Impliziten die kognitive Form des Schicksals ist.

Sl***

(Du mußt dein Leben ändern, S. 18).

Popanz Religion und Hyperpopanz Kultur

Gewiß, von jeher gleicht die Ideengeschichte einem Asyl für mißgeborene Begriffe — und nach dem Gang über die folgenden Stationen wird man nicht nur das Konzept »Religion« hinsichtlich seinen verunglückten Designs durchschauen, ein Konzept das an Schiefheit allein durch den Hyperpopanz »Kultur« übertroffen wird.

Sl***

(Du mußt dein Leben ändern, S. 15).

Exerzitium

Nicht nur der ermattete homo faber, der die Welt im Modus »Machen« vergegenständlicht, hat seinen Platz im Zentrum der logischen Bühne zu räumen, auch der homo religiosus, der sich mit surrealen Riten an der Überwelt wendet, darf den verdienten Abschied nehmen. Gemeinsam treten Arbeitende und Gläubige unter einen neuen Oberbegriff. Es ist an der Zeit, den Menschen als das Lebewesen zu enthüllen, das aus der Wiederholung entsteht. Wie das 19. Jahrhundert kognitiv im Zeichen der Produktion stand, das 20. im Zeichen der Reflexivität, sollte die Zunkunft sich unter dem Zeichen des Exerzitiums präsentieren.

Sl***

(Du mußt dein Leben ändern, S. 14).

Penthesilea 17

Penthesilea
Denn jetzt steig' ich in meinem Busen nieder,
Gleich einem Schacht, und grabe, kalt wie Erz,
Mir ein vernichtendes Gefühl hervor.
Dies Erz, dies läutr' ich in der Glut des Iammer,
Hart mir zu Stahl, tränk' es mit Gift sodann,
Heißätzendem, der Reue, durch und durch;
Trag' es der Hoffnung ew'gem Amboß zu,
Und schärf' und spitz es mir zu einem Dolch;
Und diesem Dolch jetzt reich' ich meine Brust:
So! So! So! So! Und wieder! — Nun ist's gut.

Kl***

(Penthesilea, S. 175-176).

Penthesilea 16

Penthesilea
— So war es ein Versehen. Küsse, Bisse,
Das reimt sich, und wer recht von Herzen liebt
Kann schon das Eine für das Andre greifen.

Kl***

(Penthesilea, S. 173).

Penthesilea 15

Die Oberpriesterinn
Jetzt unter ihren Hunden wüthet sie,
Mit schaumbedeckter Lipp', und nennt sie Schwestern,
Die heulenden, und der Mänade gleich,
Mit ihrem Bogen durch die Felder tanzend,
Hetzt sie die Meute, die mordathmende,
Die sie umringt, das schönste Wild zu fangen,
Das je die Erde, wie sie sagt, durchschweift.

Kl***

(Penthesilea, S. 140).

Penthesilea 14

Achilles
Ia. Doch eine Grille, die ihr heilig,
Will, daß ich ihrem Schwerdt im Kampf erliege;
Eh' nicht in Liebe kann sie mich umfangen.
Nun schickt'ich —

Diomedes
Rasender!

Achilles
Er hört mich nicht!
Was er im Weltkreis noch, so lang er lebt,
Mit seinem blauen Auge nicht gesehn,
Das kann er in Gedanken auch nicht fassen.

Kl***

(Penthesilea, S. 140).

Penthesilea 13

Prothoe
Ein großer Schmerz traf dich. Begegn' ihm groß.

Kl***

(Penthesilea, S. 131).

Penthesilea 12

Penthesilea
Doch Alles schüttelt, was ihm unerträglich,
Der Mensch von seinen Schultern sträubend ab;
Den Druck nur mäß'ger Leiden duldet er.

Kl***

(Penthesilea, S. 110).

Penthesilea 11

Achilles
Und woher quillt, von wannen ein Gesetz,
Unweiblich, du vergiebst mir, unnatürlich,
Dem übrigen Geschlecht der Menschen fremd?

Kl***

(Penthesilea, S. 109).

Penthesilea 10

Achilles
Ich kann's nicht glauben: süß, wie Silberklang
Straft eure Stimme eure Reden Lügen.
Du mit den blauen Augen bist es nicht,
Die mir die Doggen reißend schickt, noch du,
Die mit der seidenweichen Locke prangt,
Seht, wenn, auf euer übereiltes Wort,
Ietzt heulend die Entkoppelten mir nahten,
So würft ihr noch, mit euern eignen Leibern,
Euch zwischen sie und mich, dies Männerherz,
Dieß euch in Lieb' erglühende, zu schirmen.

Kl***

(Penthesilea, S. 80).

Penthesilea 9

Meroe
Unmöglich wär's ihr, zu entfliehn?

Die Oberpriesterinn
Unmöglich.
Da nichts von außen sie, kein Schicksal, hält,
Nichts als ihr thörigt Herz —

Prothoe
Das ist ihr Schicksal!
Dir scheinen Eisenbanden unzerreißbar,
Nicht wahr? Nun sieh: sie bräche sie vielleicht,
Und das Gefühl doch nicht, das du verspottest.
Was in ihr walten mag, das weiß nur sie,
Und jeder Busen ist, der fühlt, ein Räthsel.

Kl***

(Penthesilea, S. 68).

Penthesilea 8

Penthesilea
Ist's meine Schuld, daß ich im Feld der Schlacht
Um sein Gefühl mich kämpfend muß bewerben?
Was will ich denn, wenn ich das Schwerdt ihm zücke?
Will ich ihn denn zum Orkus niederschleudern?
Ich will ihn ja, ihr ew'gen Götter, nur
An diese Brust will ich ihn niederziehn!

Kl***

(Penthesilea, S. 62).

Penthesilea 7

Die Hauptmännin
Doch taub schien sie der Stimme der Vernunft:
Vom giftigsten der Pfeile Amors sei
Heißt es, ihr jugendliches Herz getroffen.

Kl***

(Penthesilea, S. 55).

Penthesilea 6

Das erste Mädchen
Nichts, gar nichts sehen wir!
Es läßt kein Federbusch sich unterscheiden.
Ein Schatten überfleucht von Wetterwolken
Das weite Feld ringsher, das Drängen nur
Verwirrter Kriegerhaufen nimmt sich wahr,
Die im Gefild' des Tod's einander suchen.

Kl***

(Penthesilea, S. 52).

Penthesilea 5

Der Grieche
War je ein Traum so bunt, als was hier wahr ist?

Kl***

(Penthesilea, S. 50).

Penthesilea 4

Penthesilea
Verflucht das Herz, das sich nicht mäß'gen kann.

Kl***

(Penthesilea, S. 37).

Penthesilea 3

Prothoe
Beschließe nichts, wir allen flehen dich,
Bis heitrer dir der Geist zurückgekehrt.
Komm, ruhe dich bei mir ein wenig aus.

Penthesilea
Warum? Weshalb? Was ist geschehen? Was sagt'ich?
Hab'ich? — Was hab'ich denn — ?

Kl***

(Penthesilea, S. 35).