Die Flüsse

Das die Flüsse keine natürliche Grenzen sind, für welche sie in neuern Zeiten haben sollen geltend gemacht werden, sondern sie und ebenso die Meere vielmehr die Menschen verbinden, daß es ein unrichtiger Gedanke ist, wenn Horaz (Carm. l.3.):
— — deus abscidit
Prudens Oceano dissociabili
Terras, — —

zeigen nicht nur die Bassins der Flüsse, die von einem Stamme oder Volke bewohnt werden, sondern auch z.B. die sonstigen Verhältnisse Griechenlands, Ioniens und Großgriechenlands, — Bretagne's und Brittaniens, Dänemarks und Norwegens, Schwedens, Finnlands, Livlands, u.s.f., —

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 234).

Das Meer

Wie für das Prinzip des Familienlebens die Erde, fester Grund und Boden, Bedingung ist, so ist für die Industrie das nach Außen sich belebende natürliche Element, das Meer. In der Sucht des Erwerbs, dadurch, daß sie ihn der Gefahr aussetzt, erhebt sie sich zugleich über ihn und versetzt das Festwerden an der Erdscholle und den begränzten Kreisen des bürgerlichen Lebens, seine Genüsse und Begierden, mit dem Elemente der Flüssigkeit, der Gefahr und des Untergangs.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 234).

Der Pöbel

Das Herabsinken einer großen Masse unter das Maaß einer gewissen Subsistenzweise, die sich von selbst als die für ein Mitglied der Gesellschaft nothwendige regulirt, — und damit zum Verluste des Gefühls des Rechts, der Rechtlichkeit und der Ehre, durch eigene Tätigkeit und Arbeit zu bestehen, — bringt die Erzeugung des Pöbels hervor, die hinwiederum zugleich die größere Leichtigkeit, unverhältnißmäßige Reichthümer in wenige Hände zu concentriren mit sich führt.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 232).

Positive Gesetzgebung

Das Recht, indem es in das Daseyn zunächst in der Form des Gesetztseyns tritt, tritt auch dem Inhalte nach als Anwendung in die Beziehung auf der Stoff der in der bürgerlichen Gesellschaft ins unendliche sich vereinzelnden und verwickelnden Verhältnisse und Arten des Eigenthums und Verträge, — ferner der auf Gemüth, Liebe und Zutrauen beruhenden sittlichen Verhältnisse, jedoch dieser nur insofern sie die Seite des abstracten Rechts enthalten; (¶.159); die moralische Seite und moralischen Gebote, als welche den Willen nach seiner eigensten Subjectivität und Besonderheit betreffen, können nicht Gegenstand der positiven Gesetzgebung seyn.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 211).

Das Gesetz

In dieser Identität des Ansichseyns und des Gesetztseyns, hat nur das als Recht Verbindlichkeit, was Gesetz ist. Indem das Gesetztseyn die Seite des Daseyns ausmacht, in der auch das Zufällige des Eigenwillens und anderer Besonderheit eintreten kann, so kann das was Gesetz ist, in seinem Inhalte noch von dem verschieden seyn, was an sich Recht ist. Im positiven Rechte ist daher das, was gesetzmäßig ist, die Quelle der Erkenntnis dessen, was Recht ist; — die positive Rechtswissenschaft ist in sofern eine historische Wissenschaft, welche die Autorität zu ihrem Prinzip hat.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 210).

Das positive Recht

Was an sich Recht ist, ist in seinem objectiven Daseyn gesetzt, d.i. durch den Gedanken für das Bewußtseyn bestimmt, und als das was Recht ist und gilt, bekannt, das Gesetz; und das Recht ist durch diese Bestimmung positives Recht überhaupt.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 208).

Kosmopolitismus

Es gehört der Bildung, dem Denken als Bewußtseyn des Einzelnen in Form der Allgemeinheit, das Ich als allgemeine Person aufgefaßt werde, worin Alle identisch sind. Der Mensch gilt so, weil er Mensch ist, nicht weil er Jude, Katholik, Protestant, Deutscher, Italiener u.s.f. ist, — dies Bewußtseyn, dem der Gedanke gilt, ist von unendlicher Wichtigkeit, — nur dann mangelhaft, wenn es etwa als Kosmopolitismus sich dazu fixirt, kein concreten Staatsleben gegenüber zu stehen.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 207).

Anerkennung

Das Individuum giebt sich nur Wirklichkeit, indem er in das Daseyn überhaupt, somit in die bestimmte Besonderheit tritt, hiemit ausschließend sich auf eine der besonderen Sphären des Bedürfnisses beschränkt. Die sittliche Gesinnung in diesem Systeme ist daher die Rechtschaffenheit und die Standesehre, sich und zwar aus eigener Bestimmung durch seine Thätigkeit, Fleiß und Geschicklichkeit zum Gliede enes der Momente der bürgerlichen Gesellschaft zu machen und als solches zu erhalten, und nur durch diese Vermittelung mit dem Allgemeinen für sich zu sorgen, so wie dadruch in seiner Vorstellung und der Vorstellung Anderer anerkannt zu seyn.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 205).

Prinzip aller Belebung der bürgerlichen Gesellschaft

Von der objectiven Ordnung aber, in Angemessenheit mit ihr und zugleich in ihrem Recht erhalten, wird die subjective Besonderheit zum Prinzip aller Belebung der bürgerlichen Gesellschaft, der Entwickelung der denkenden Thätigkeit, des Verdiensts und der Ehre. Die Anerkennung und das Recht, daß was in der bürgerlichen Gesellschaft und im Staat durch die Vernunft nothwendig ist, zugleich durch die Willkühr vermittelt geschehe, sit die nähere Bestimmung dessen, was vornemlich in der allgemeinen Vorstellung Freyheit heißt.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 205).

Der Geist hat seine Wirklichkeit nur...

Der Geist hat seine Wirklichkeit nur dadurch, daß er sich in sich selbst entzweyt, in den Naturbedürfnissen und in dem Zusammenhange dieser äußern Nothwendigkeit sich diese Schranke und Endlichkeit giebt, und eben damit, daß er sich in sie hinein bildet, sie überwindet und darin sein objectives Daseyn gewinnt.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 191).

Noth- und Verstandes-Staat

Der selbstzüchtige Zweck in seiner Verwirklichung, so durch die Allgemeinheit bedingt, begründet ein System allseitiger Abhängigkeit, daß die Subsistenz und das Wohl des Einzelnen und sein rechtliches Daseyn in die Subsistenz, das Wohl und das Recht Aller verflochten, darauf gegründet und nur in diesem Zusammenhange wirklich und gesicher ist. — Man kann dies System zunächst als den äußeren Staat, — Noth- und Verstandes-Staat ansehen.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 187-188).

Die bürgerliche Gesellschaft

Die concrete Person, welche sich als Besondere Zweck ist, asl ein Ganzes von Bedürfnissen und eine Vermittlung von Naturnothwendigkeit und Willkühr, ist das eine Prinzip der bürgerlichen Gesellschaft, — aber die besondere Person als wesentlich in Beziehung auf andere solche Besonderheit, so daß jede durch die andere und zugleich schlechthin nur als durch die Form der Allgemeinheit, das andere Prinzip, vermittelt sich geltend macht und befriedigt.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 187).

Die Kinder

Die Kinder haben das Recht, aus dem gemeinsamen Familienvermögen ernährt und erzogen zu werden.

Die sittliche Auflösung der Familie liegt darin, daß die Kinder zur freyen Persönlichkeit erzogen, in der Volljährigkeit anerkannt werden, als rechtliche Personen und fähig zu seyn, theils eigenes freyes Eigenthum zu haben, theils eigene Familien zu stiften (...).

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 178, 180).

Die Ehe

Die objective Bestimmung, somit die sittliche Pflicht, ist, in den Stand der Ehe zu treten.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 168).

Pflichtenlehre

Eine immanente und consequente Pflichtenlehre kann aber nichts anders seyn, als die Entwicklung der Verhältnisse, die durch die Idee der Freyheit nothwendig, und dadurch wirklich in ihrem ganzen Umfange, im Staat sind.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 159).

Befreiende Pflicht

Als Beschränkung kann die bindende Pflicht nur gegen die unbestimmte Subjectivität oder abstracte Freyheit, und gegen die Triebe des natürlichen, oder das sein unbestimmtes Gute aus seiner Willkühr bestimmenden moralischen Willens erscheinen. Das Individuum hat aber in der Pflicht vielmehr seine Befreyung theils von der Abhängigkeit, in der es in dem bloßen Naturtriebe stehet so wie von der Gedrücktheit, in der es als subjective Besonderheit in den moralischen Reflexionen des Sollens und Mögens ist, theils von der unbestimmten Subjectivität, die nicht zum Daseyn und der objectiven Bestimmtheit des Handelns komme, und in sich und als einen Unwirklichkeit bleibt. In der Pflicht befreit das Individuum sich zur substantiellen Freyheit.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 159-160).

Die Sittlichkeit

Die Sittlichkeit ist die Idee der Freyheit, als das lebendige Gute, das in dem Selbstbewußtseyn sein Wissen, Wollen und durch dessen Handeln seine Wirklichkeit, so wie dieses an dem sittlichen Seyn seine an und für sich seyende Grundlage und bewegenden Zweck hat, — der zur vorhandenen Welt und zur Natur des Selbstbewußtseyns gewordene Begriff der Freyheit.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 156).

Bloß das Gute wollen

Es reicht eine höchst geringe Verstandesbildung dazu hin, um, wie jene gelehrte Theologen, für jede Handlung eine positive Seite, und damit einen guten Grund und Absicht herauszufinden. — So hat man gesagt daß es eigentlich keinen Bösen gebe, denn er will das Böse nicht um des Bösen willen, d.i., nicht das rein-negative als solches, sondern er will immer etwas positives, somit nach diesem Standpunkt ein Gutes. In diesem abstracten Guten ist der Unterschied von Gut und Böse, und alle wirklichen Pflichten verschwunden; deswegen bloß das Gute wollen, und bei einer Handlung eine gute Absicht haben, dieß ist so vielmehr das Böse, insofern das Gute nur in dieser Abstraction gewollt, und damit die Bestimmung desselben der Willkühr des Subjects vorbehalten wird.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 143).

Der Ursprung des Bösen

Der Ursprung des Bösen überhaupt, liegt im dem Mysterium, d.i. in dem Speculativen der Freyheit, ihrer Nothwendigkeit, aus der Natürlichkeit des Willens herauszugehen, und gegen sie innerlich zu seyn. Es ist diese Natürlichkeit des Willens, welche als der Widerspruch seiner selbst, und mit sich unverträglich in jenem Gegensatz zur Existenz kommt, und es ist so diese Besonderheit des Willens selbst, welche sich weiter als das Böse bestimmt.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 135).

Das Gewissen und das Böse

Das Selbstbewußtseyn in der Eitelkeit aller geltenden Bestimmungen und in der reinen Innerlichkeit des Willens, ist eben so sehr die Möglichkeit, das an und für sich allgemeine, als die Willkühr die eigene Besonderheit über das Allgemeine zum Principe zu machen, und sie durch handeln zu realisiren — böse zu seyn.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 135).

Staat und Gewissen

Das Gewissen drückt die absolute Berechtigung des subjectiven Selbstbewußtseyns aus, nämlich in sich und aus sich selbst zu wissen, was Recht und Pflicht ist, und nichts anzuerkennen, als was es so als das Gute weiß (...).

Der Staat kann deswegen das Gewissen in seiner eigenthümlichen Form, d.i. als subjectives Wissen nicht anerkennen, so wenig als in der Wissenschaft die subjective Meinung, die Versicherung und Berufung auf eine subjective Meinung, eine Gültigkeit hat.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 132, 133).

Das wahrhafte Gewissen

Das wahrhafte Gewissen ist die Gesinnung, das, was an und für sich gut ist, zu wollen; es hat daher feste Grundsätze; und zwar sind ihm diese, die für sich objectiven Bestimmungen und Pflichten. Von diesem, seinem Inhalte, der Wahrheit, unterschieden ist es nur die formelle Seite der Thätigkeit des Willens, der als dieser keinen eigenthümlichen Inhalt hat. Aber das objective System dieser Grundsätze und Pflichten und die Vereinigung des subjectiven Willens mit demselben, ist erst auf dem Standpunkte der Sittlichkeit vorhanden. Hier auf dem formellen Standpunkt der Moralität ist das Gewissen ohne diesen objectiven Inhalt, so für sich die unendliche formelle Gewißheit seiner selbst, die eben darum zugleich als die Gewißheit dieses Subjects ist.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 132).

Bestimmungsloser Pflicht

Der Pflicht selbst insofern sie im moralischen Selbstbewußtseyn, das Wesentliche oder Allgemeine desselben ist, wie es sich innerhalb seiner auf sich nur bezieht, bleibt damit nur die abstracte Allgemeinheit, hat die inhaltslose Identität, oder das abstracte Positive, das Bestimmungslose zu ihrer Bestimmung.

Von diesem Standpunkt aus ist keine immanente Pflichtenlehre möglich; man kann von Aussen her wohl einen Stoff hereinnehmen, und dadurch auf besondere Pflichten kommen, aber aus jener Bestimmung der Pflicht, als dem Mangel des Widerspruchs, der formellen Uebereinstimmung mit sich, welche nichts anderes ist, als die Festsetzung der abstracten Unbestimmtheit, kann nicht zur Bestimmung von besondern Pflichten übergegangen werden (...).

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 130, 130-131).

Die Pflicht

Das Gute hat zu dem besondern Subjecte das Verhältnis, das Wesentliche seines Willens zu seyn, der hiemit darin schlechthin seine Verpflichtung hat. Indem die Besonderheit von dem Guten unterschieden ist und in den subjectiven Willen fällt, so hat das Gute zunächst nur die Bestimmung der allgemeinen abstracten Wesentlichkeit, — der Pflicht; — um dieser ihrer Bestimmung willen soll die Pflicht um der Pflicht willen gethan werden.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 129).