Der Raum

Die vorgängige Zuhandenheit der jeweiligen Gegend hat in einem noch ursprünglicheren Sinne als das Sein des Zuhandenen den Charakter der unauffälligen Vertrautheit. Sie wird selbst nur sichtbar in der Weise des Auffallens bei einem umsichtigen Entdecken des Zuhandenen und zwar in den defizienten Modi des Besorgens. Im Nichtantreffen von etwas an seinem Platz wird die Gegend des Platzes oft zum erstenmal ausdrücklich als solche zugänglich. Der Raum, der im umsichtigen In-der-Welt-sein als Räumlichkeit des Zeugganzen entdeckt ist, gehört je als dessen Platz zum Seienden selbst. Der bloße Raum ist noch verhüllt. Der Raum ist in die Plätze aufgesplittert. Diese Räumlichkeit hat aber durch die weltmäßige Bewandtnisganzheit des räumlich Zuhandenen ihre eigene Einheit.

H***
(Sein und Zeit, S. 104).

Die Gegend

Der platzierbaren Hingehörigkeit eines Zeugganzen liegt aber als Bedingung ihrer Möglichkeit zugrunde das Wohin überhaupt, in das hinein einem Zeugzusammenhang die Platzganzheit angewiesen wird. Dieses im besorgenden Umgang umsichtig vorweg im Blick gehaltene Wohin des möglichen zeughaften Hingehörens nennen wir die Gegend.

H***
(Sein und Zeit, S. 103).

Der Platz

Das Zeug hat seinen Platz, oder aber es »liegt herum«, was von einem puren Vorkommen an einer beliebigen Raumstelle grundsätzlich zu unterscheiden ist. Der jeweilige Platz bestimmt sich als Platz dieses Zeugs zu... aus einem Ganzen der aufeinander ausgerichtete Plätze des umweltlich zuhandenen Zeugzusammenhangs. Der Platz und die Platzmannigfaltigkeit dürfen nicht als das Wo eines beliebigen Vorhandenseins des Dinge ausgelegt werden. Der Platz ist je das bestimmte »Dort« und »Da« des Hingehörens eines Zeugs. Die jeweilige Hingehörigkeit entspricht dem Zeugcharakter des Zuhandenen, das heißt seine bewandtnismäßigen Zugehörigkeit zu einem Zeugganzen.

H***
(Sein und Zeit, S. 102-3).

Die Nähe

Das Zuhandene des alltäglichen Umgangs hat den Charakter der Nähe. Genau besehen ist diese Nähe des Zeugs in dem Terminus, der sein Sein ausdrückt, in der »Zuhandenheit«, schon angedeutet. Das »zur Hand« Seiende hat je eine verschiedene Nähe, die nicht durch Ausmessen von Abständen festgelegt ist. Diese Nähe regelt sich aus dem umsichtig »berechnenden« Hantieren und Gebrauchen. Die Umsicht des Besorgens fixiert das in dieser Weise Nahe zugleich hinsichtlich der Richtung, in der das Zeug jederzeit zugänglich ist. Die ausgerichtete Nähe des Zeugs bedeutet, daß dieses nicht lediglich, irgendwo vorhanden, seine Stelle im Raum hat, sondern als Zeug wesenhaft an- und untergebracht, aufgestellt, zurechtgelegt ist.

H***
(Sein und Zeit, S. 102).

Angewiesenheit

Das Dasein ist in seiner Vertrautheit mit der Bedeutsamkeit die ontische Bedingung der Möglichkeit der Entdeckbarkeit von Seiendem, das in der Seinsart der Bewandtnis (Zuhandenheit) in einer Welt begegnet und sich so in seinem An-sich bekunden kann.. Dasein ist als solches je dieses, mit seinem Sein ist wesenhaft schon ein Zusammenhang von Zuhandenem entdeckt — Dasein hat sich, sofern es ist, je schon auf eine begegnende »Welt« angewiesen, zu seinem Sein gehört wesenhaft diese Angewiesenheit.

H***
(Sein und Zeit, S. 87).

Um-zu, Wobei, Womit

Das Worumwillen bedeutet ein Um-zu, dieses ein Dazu, dieses ein Wobei des Bewendenlassens, dieses ein Womit der Bewandtnis. Diese Bezüge sind unter sich selbst als ursprüngliche Ganzheit verklammert, sie sind, was sie sind, als dieses Be-deuten, darin das Dasein ihm selbst vorgängig sein In-der-Welt-sein zu verstehen gibt.

H***
(Sein und Zeit, S. 87).

Das primäre »Wozu« ist ein Worum-willen

Die Bewandtnisganzheit selbst aber geht letztlich auf ein Wozu zurück, bei dem es keine Bewandtnis mehr hat, was selbst nicht Seiendes ist in der Seinsart des Zuhandenen innerhalb einer Welt, sondern Seiendes, dessen Sein als In-der-Welt-sein bestimmt ist, zu dessen Seinsverfassung Weltlichkeit selbst gehört. Dieses primäre Wozu ist kein Dazu als mögliches Wobei einer Bewandtnis. Das primäre »Wozu« ist ein Worum-willen.

H***
(Sein und Zeit, S. 84).

Die Bewandtnis

Bewandtnis ist das Sein des innerweltlich Seienden, darauf es je schon zunächst freigegeben ist. Mit ihm als Seiendem hat es je eine Bewandtnis. Dieses, daß es eine Bewandtnis mit... bei... hat, ist die ontologische Bestimmung des Seins dieses Seienden, nicht eine ontische Aussage über das Seiende. Das Wobei es die Bewandtnis hat, ist das Wozu der Dienlichkeit, das Wofür der Verwendbarkeit.

H***
(Sein und Zeit, S. 84).

Verweisung

Das Sein des Zuhandenen hat die Struktur der Verweisung — heißt: es hat an ihm selbst den Charakter der Verwiesenheit. Seiendes ist daraufhin entdeckt, daß es als dieses Seiende, das es ist, auf etwas verwiesen ist. Es hat mit ihm bei etwas sein Bewenden. Der Seinscharakter des Zuhandenen ist die Bewandtnis

H***
(Sein und Zeit, S. 83-4).

Zeichen

Ein Zeichen ist nicht ein Ding, das zu einem anderen Ding in ziegender Beziehung steht, sondern ein Zeug, das ein Zeugganzes ausdrücklich in die Umsicht hebt, so daß sich in eins damit die Weltmäßigkeit des Zuhandenenn meldet.

H***
(Sein und Zeit, S. 80).

Es meldet sich die Welt

Der Zeugzusammenhang leuchtet auf nicht als ein noch nie gesehenes, sonder in der Umsicht ständig im vorhinein schon gesichtetes Ganzes. Mit diesem Ganzen aber meldet sich die Welt.

Daß die Welt nicht aus dem Zuhandenen »besteht«, zeigt sich u.a. daran, daß mit dem Aufleuchten der Welt in den interpretierten Modi des Besorgens eine Entweltlichung des Zuhandenen zusammengeht, so daß an ihm das Nur-vorhandensein zum Vorschein kommt. Damit im alltäglichen Besorgen der »Umwelt« das zuhandene Zeug in seinem »An-sich-sein« soll begegnen können, müssen die Verweisungen und Verweisungsganzheiten, darinnen die Umsicht »aufgeht«, für diese sowohl wie erst recht für ein unumsichtiges, »thematisches« Erfassen unthematisch bleiben. Das Sich-nicht-melden der Welt ist die Bedingung der Möglichkeit des Nichtheraustretens des Zuhandenen aus seiner Unauffälligkeit. Und darin konstituiert sich die phänomenale Struktur des An-sich-seins dieses Seienden.

H***
(Sein und Zeit, S. 75).

Das Werk

Das Eigentümliche des zunächst Zuhandenen ist es, in seiner Zuhandenheit sich gleichsam zurückzuziehen, um gerade eigentlich zuhanden zu sein. Das, wobei der alltägliche Umgang sich zunächst aufhält, sind auch nicht die Werkzeuge selbst, sondern das Werk, das jeweilig Herzustellende, ist das primär Besorgte und daher auch Zuhandene. Das Werk trägt die Verweisungsganzheit, innerhalb derer das Zeug begegnet.

H***
(Sein und Zeit, S. 69-70).

Die Umsicht

Der gebrauchend-hantierende Umgang ist aber nicht blind, er hat seiner eigene Sichtart, die das Hantieren führt und ihm seine spezifische Sicherheit verleiht. Der Umgang mit Zeug unterstellt sich der Verweisungsmannigfaltigheit des »Um-zu«. Die Sicht eines solchen Sichfügens ist die Umsicht.

H***
(Sein und Zeit, S. 69).

Die Zuhandenheit

Die Seinsart von Zeug, in der es sich von ihm selbst her offenbart, nennen wir die Zuhandenheit. Nur weil Zeug dieses »An-sich-sein« hat und nicht lediglich noch vorkommt, ist es handlich im weitesten Sinne und verfügbar. Das schärfste Nur-noch-hinsehen auf das so und so beschaffene »Aussehen« von Dingen vermag Zuhandenes nicht zu entdecken. Der nur »theoretisch« hinsehende Blick auf Dinge entbehrt des Verstehens von Zuhandenheit.

H***
(Sein und Zeit, S. 69).

Zeug und Zeugganzheit

Wir nennen das im Besorgen begegnende Seiende das Zeug.

Ein Zeug »ist« strenggenommen nie. Zum Sein von Zeug gehört ja immer ein Zeugganzes, darin es dieses Zeug sein kann, das es ist. Zeug ist wesenhaft »etwas, um zu...«. Die verschiedene Weisen des »Um-zu« wie Dienlichkeit, Beiträglichkeit, Verwendbarkeit, Handlichkeit konstituieren eine Zeugganzheit.

H***
(Sein und Zeit, S. 68).

Die Weltlichkeit des Umwelt (die Umweltlichkeit)

Die nächste Welt des alltäglichen Daseins ist die Umwelt. (...). Die Weltlichkeit der Umwelt (die Umweltlichkeit) suchen wir im Durchgang durch eine ontologische Interpretation des nächstbegegnenden inner-umweltlichen Seienden.

H***
(Sein und Zeit, S. 66).

Weltlichkeit

»Weltlichkeit« ist ein ontologischer Begriff und meint die Struktur eines konstitutiven Momentes des In-der-Welt-seins. Dieses aber kennen wir als existenziale Bestimmung des Daseins. Weltlichkeit demnach selbst ein Existenzial. Wenn wir ontologisch nach der »Welt« fragen, dann verlassen wir keineswegs das thematische Feld der Analytik des Daseins. »Welt« ist ontologisch keine Bestimmung des Seienden, das wesenhaft das Dasein nicht ist, sondern ein Charakter des Dasein selbst.

H***
(Sein und Zeit, S. 64).

Immer schon »draußen«

Im Sichrichten auf... und Erfassen geht das Dasein nicht etwa erst aus seiner Innensphäre hinaus, in die es zunächst verkapselt ist, sondern es ist seiner primären Seinsart nach immer schon »draußen« bei einem begegnenden Seienden der je schon entdeckten Welt. Und das bestimmende Sichaufhalten bei dem zu erkennenden Seienden ist nicht etwa ein Verlassen der inneren Sphäre, sondern auch in diesem »Draußen-sein« beim Gegenstand ist das Dasein im rechtverstandenen Sinne »drinnen«, d.h. es selbst ist es als In-der-Welt-sein, das erkennt.

H***
(Sein und Zeit, S. 62).

Erkennen als Defizienz des besorgenden Zu-tun-haben mit der Welt

Damit Erkennen als betrachtendes Bestimmen des Vorhandenen möglich sei, bedarf es vorgängig einer Defizienz des besorgenden Zu-tun-habens mit der Welt. Im Sichenthalten von allem Herstellen, Hantieren u.dgl. legt sich das Besorgen in den jetzt noch einzig verbleibenden Modes des In-Seins, in das Nur-noch-verweilen-bei... Auf dem Grunde dieser Seinsart zur Welt, die das innerweltlich begegnende Seiende nur noch in seinem puren Aussehen (ειδος) begegnen läßt, und als Modus dieser Seinsart ist ein ausdrückliches Hinsehen auf das so Begegnenden möglich. Dieses Hinsehen ist jeweils eine bestimmte Richtungnahme auf..., ein Anvisieren das Vorhandenen.

H***
(Sein und Zeit, S. 61).

Das Besorgen

Das In-der-Welt-sein des Daseins hat sich mit dessen Faktizität je schon in bestimmte Weisen des In-Seins zerstreut oder gar zersplittert. Die Mannigfaltigheit solcher Weisen des In-Seins läßt sich exemplarisch durch folgende Aufzählung anzeigen: zutunhaben mit etwas, herstellen von etwas, bestellen und pflegen von etwas, verwenden von etwas, aufgeben und in Verlust geraten lassen von etwas, unternehmen, durchsetzen, erkunden, befragen, betrachten, besprechen, bestimmen... Diese Weisen des In-Seins haben die noch eingehend zu charakterisierende Seinsart des Besorgens.

H***
(Sein und Zeit, S. 56-7).

Faktizität

Die Tatsächlichkeit des Faktums Dasein, als welches jeweilig jedes Dasein ist, nennen wir seine Faktizität. Die verwickelte Struktur dieser Seinsbestimmtheit ist selbst als Problem nur erst faßbar im Lichte der schon herausgearbeiteten existenzialen Grundverfassungen des Daseins. Der Begriff der Faktizität beschließt in sich: das In-der-Welt-sein eines »innerweltlichen« Seienden, so zwar, daß sich dieses Seiende verstehen kann als in seinem »Geschick« verhaftet mit dem Sein des Seienden, das ihm innerhalb seiner eigenen Welt begegnet.

H***
(Sein und Zeit, S. 56).

Das In-Sein

Das In-der-Welt-sein ist zwar eine a priori notwendige Verfassung des Daseins, aber längst nicht ausreichend, um dessen Sein voll zu bestimmen.

Das In-Sein meint so wenig ein räumliches »In-einander« Vorhandener, als »in« ursprünglich gar nicht eine räumliche Beziehung der genannten Art bedeutet; »in« stammt von innan-, wohnen, habitare, sich aufhalten; »an« bedeutet: ich bin gewohnt, vertraut mit, ich pflege etwas (...). Dieses Seiende, dem das In-Sein in dieser Bedeutung zugehört, kennzeichneten wir als das Seiende, das ich je selbst bin.

In-Sein ist demnach der formale existenziale Ausdruck des Seins des Daseins, das die wesenhafte Verfassung des In-der-Welt-seins hat.

H***
(Sein und Zeit, S. 53-4).

In-der-Welt-sein

Diese Seinsbestimmungen des Daseins müssen nun aber a priori auf dem Grunde der Seinsverfassung gesehen und verstanden werden, die wir das In-der-Welt-sein nennen.

H***
(Sein und Zeit, S. 53).

Dasein existiert

Daseins ist Seiendes, das sich in seinem Sein verstehend zu diesem Sein verhält. Damit ist der formale Begriff von Existenz angezeigt. Dasein existiert. Dasein ist ferner ein Seiendes, das je ich selbst bin. Zum existierenden Dasein gehört die Jemeinigkeit als Bedingung der Möglichkeit von Eigentlichkeit und Uneigentlichkeit. Dasein existiert je in einem dieser Modi, bzw. in der modalen Indifferenz ihrer.

H***
(Sein und Zeit, S. 52-3).

Dasein und Anthropologie, Psychologie, Biologie

Mit dem Hinweis auf das Fehlen einer eindeutigen, ontologisch zureichend begründeten Antwort auf die Frage nach der Seinsart dieses Seienden, das wir selbst sind, in der Anhtropologie, Psychologie und Biologie, ist über die positive Arbeit dieser Disziplinen kein Urteil gefällt. Andrerseits muß aber immer wieder zum Bewußtsein gebracht werden, daß diese ontologischen Fundamente nie nachträglich aus dem empirischen Material hypothetisch erschlossen werden können, daß sie vielmehr auch dann immer schon »da« sind, wenn empirisches Material auch nur gesammelt wird. Daß die positive Forschung diese Fundamente nicht sieht und für selbstverständlich hält, ist kein Beweis dafür, daß sie nicht zum Grunde liegen und in einem radikaleren Sinne problematisch sind, als es je eine These der positiven Wissenschaft sein kann.

H***
(Sein und Zeit, S. 50).