Das Er-denken des Seyns antwortet nie selbst, weil es die Versetzung in das Stimmende der Stimme nur er-fragend erwartet.

H***
(Besinnung, S. 359)

Das denkerische Denken antwortet (wesenhaft) nie

Das denkerische Denken ist Fragen: es selbst antwortet nie; und dies nicht, weil die Antwort immer weiter hinausgeschoben werden soll durch ein endloses Fragen, das, man weiß nicht wie, nur aus einer verdächtigen Lust an sich selbst, sich in sich selbst bewegt und verfängt. Das Fragen dieses Denkens ist ein wesentlich anderes und darin begründet sich, warum es nicht nur nie, sondern wesenhaft nicht antwortet.

H***
(Besinnung, S. 358)

Er-denken

Das seynsgeschichtliche Denken wird im Umkreis der Besinnung zuweilen ein Er-denken genannt; das legt den Schein nahe, als werde das Seyn eigenmächtig und nur beliebig »ausgedacht«, »erfunden«, wo doch ganz das Gegenteil gemeint ist. Das Wort Er-denken will sagen: das Denken, das vom Seyn, dem zu Denkenden, zuvor er-eignet ist und nur in einer Geschichte und als Geschichte des Seyns vollziehbar wird (...) — im Unterschied zum metaphysischen als dem das Seiende als ein solches vor-sich-bringenden Vor-stellen.

H***
(Besinnung, S. 357)

Das seynsgeschichtliche Fragen

Das seynsgeschichtliche Fragen als Fragen »des« Seyns fragt das Seyn als das Antwortende und das Fragen ist des Seyns, jetzt entspringend der Wesung seiner Wahrheit; aus dieser wird gefragt.

H***
(Besinnung, S. 357)

Das metaphysische Fragen

Das metaphysische Fragen als Fragen »nach« dem Sein des Seienden entfaltet sich als Geschichte der Metaphysik in die Weisen des sogleich fraglosen Vorstellens des Seienden im allgemeinen.

H***
(Besinnung, S. 357)

Sichloswerfen in die Ereignung

Sichloswerfen in die Ereignung heißt Wachen über die Unentschiedenheit des Unentschiedenen und dieses seiner ab-gründigen Entscheidbarkeit anheimstellen.

H***
(Besinnung, S. 351)

Die Innigkeit des entsetzenden

Im ersten Anfang steht jenes Unterschiedene als Selbiges, im anderen Anfang west das Unentschiedene als die Innigkeit des entsetzenden.

H***
(Besinnung, S. 350)

Erster und anderer Anfang

Im ersten Anfang ist das Sein entbergendes Walten, das als Unverborgenheit nur solchem sich stellt, was es in seine Anwesung vor-stellt. Im ersten Anfang west das Sein und verbirgt seine Wesung: die Entbergung und damit zuvor den hier entbergbaren Wesensgrund der Entbergung: die Ereignung. Aus dem anderen Anfang, in dem das Sein als Er-eignis in seine Lichtung sich ereignet, läßt sich die Er-eignung als Wesung der φυσις erinnern und aus solcher Erinnerung wissen, was sich da ereignet: das Daß der Zusammengehörigkeit von Vernehmung und Sein. Daß Beides zusammengehört, gibt der Geschichte des ersten Anfangs, als welche Geschichte wir die »Metaphysik« kennen, jenen Grundzug, demgemäß die Seiendheit des Seienden im vor-stellenden Entwurf für »wahr« gehalten wird (Sein und Denken). Im anderen Anfang ereignet sich aus dem erstmaligen Sichlichten des Ereignisses dieses: die verwandelte Wesung der zuvor vom Vorstellen her gemeinten Zusammengehörigkeit als Abgrund der Ereignung. Einstmals ereignete sich das Daß der Zusammengehörigkeit, künftig wird diese selbst das Anfangende. Seyn west nicht mehr als das Andere der Vernehmung und nicht als dasselbe; und deshalb ist auch die aus solchem Anfang stammende, das Ende ausmachende Wechselbeziehung von vorstellenden Herstellen und Gegenständlichkeit zu Ende. Das Seyn west als der Grund der Selbigkeit der erstanfänglich Unterschiedenen. Dieser Grund bietet nicht Erklärbares und Erklärendes, läßt keine Zuflucht und keinen Ausweg zu nach einem Seienden, sondern ist Grund, der ab-geworfen die Vormacht des Seienden und als Er-eignis selbst jeweilen Ergründung fordert im Sinne der Bereitschaft zur Stätte der wesentlichen Entscheidung des Unentschiedenen (des Austrags zwischen Entgegnung und Streit).

H***
(Besinnung, S. 349-350)

Die Seinsverlassenheit

Die Seinsverlassenheit verwehrt dem Seienden, daß es zum Anstoß der Fragwürdigkeit dessen werde, worin das Seiende gleichwohl — noch in seinem Unwesen — gehalten wird, des Seins.

H***
(Besinnung, S. 348)

Die metaphysische Seinsfrage

Die metaphysische Seinsfrage möchte so leicht wie die bloße Vorstufe der seynsgeschichtliche Seinsfrage erscheinen und das im Gesichtsfeld dieser. Allein, wenn im seynsgeschichtlichen Denken erst das Wesen der Geschichte aus dem Wesen des Seyns und nur so begriffen wird, dann erreicht auch erst das seynsgeschichtliche Denken jenes Wissen vom Wesen der »Metaphysik«, für das diese selbst als eine und zwar die erste und so unrücknehmbare Ereignung des Menschen zum Sein in ihren eigensten Rang zurückgeht und d.h. unvergleichbar wird.

H***
(Besinnung, S. 346)

Die Vormachtstellung des Denkens

Die Vormachtstellung des Denkens als Bahn und Bereich des Entwurfs des Seienden auf das Sein ist das Kennzeichen der Metaphysik. Wo diese und solange diese Vormachtstellung des Denkens sich behauptet, fehlt jede Ahnung und vollends jede Bereitschaft zur seynsgeschichtliche Seinsfrage.

H***
(Besinnung, S. 345)

Die Selbstmächtigkeit des Denkens

Die Selbstmächtigkeit des vorstellenden Entwurfs (des λογος, des Denkens) des Seins geht so weit, daß dieser auch zugleich und endgültig ausmacht, in welchem Umkreis (nämlich dem des »Denkens«) allein von Seiendheit gesprochen werden darf. Das metaphysische Denken der Seinsfrage vermag nie zu erfahren, daß und inwiefern es selbst vom Seyn bestimmt ist, daß solche Bestimmung in einer »Stimmung« gründet und daß diese der »Stimme« entspringt, als welche das Seyn selbst die Lichtung er-eignet, zur Stille sich aus»spricht«, antwortet auf ein vielleicht noch ungefragtes Fragen.
H***
(Besinnung, S. 339)

Seynsgeschichtliches Denken

Diese Seinsfrage, die das Seyn fragt, gehört in die Wesung der Wahrheit des Seyns, als welche die ursprüngliche Geschichte des Seyns ist. Alles Erdenken des Seyns aus solchen Fragen ist daher seynsgeschichtlich. Die Seinsfrage des seynsgeschichtlichen Denkens kann von der Metaphysik her und durch diese weder erreicht noch überhaupt begriffen werden. Die seynsgeschichtliche »Befragung« des Seyns ist die Überwindung der Metaphysik, welche Überwindung dem Seyn selbst entstammt.

H***
(Besinnung, S. 338)

Dann ist das Seyn

Was ist dann, wenn das Seiende und dessen je nachgetragene Seiendheit (das Apriori) den Vorrang verliert? Dann ist das Seyn. Dann wandelt sich das »ist« und alle Sprache wesentlich.

H***
(Besinnung, S. 337)

Die anders zu fragende Seinsfrage

Nicht aus der Metaphysik und durch sie erweckt kann eine Nötigung zur anders zu fragenden Seinsfrage entspringen, sondern das Ganze der Metaphysik kann zum Anstoß werden, auf eine Not sich zu besinnen, die zur Seinsfrage nötigt. Aber selbst dazu wird gefordert, daß schon das Ganze der Metaphysik in ihrem Wesensbestand und d.h. als Gefüge der Offenheit des Seienden als eines solchen, dergestalt, wie jetzt, erfahren und überwunden ist. Woher soll diese Überwindung kommen, wenn nicht aus dem, was das Gefüge der Offentheit des Seienden als eines solchen fügt und bestimmt? Und was ist dieses Anderes denn das Seyn? Dasselbe nur, was das Seiende als ein solches in die Vormacht bis zur Vergessenheit des Seins entläßt, kann dem Seienden auch diesen Vorrang entreißen.

H***
(Besinnung, S. 337)

Da-sein

Nirgends, es sei denn im Erfragen der Wesung des Seyns selbst, gibt sich ein Anhalt, das Da-sein zu begreifen, weil das Da-sein von der Wesungsart des Seyns selbst je sein Ereignetes ist, ohne je ein »nur« »Seiendes« (Eigentum) zu werden.

H***
(Besinnung, S. 327)

Das »Da« ist niemals »da«

Das »Da« ist niemals »da« als Name für die Anwesung, sondern Jenes, worin dergleichen west. »Da« als Lichtung für jedes mögliche wo, »da« und dort, aber auch dann und wann, »Im Augenblich, 'da' er kam«.

H***
(Besinnung, S. 321)

Kurze Geschichte der »Wahrheit«

Durch die Abwandlung der αληθεια in die ομοιωσις und adaequatio, dieser in die certitudo und Gewißheit des Bewußthabens und Bewußtseins und dieses als das Selbst-bewußtseins in das Wesen des absoluten Wissens und des »Geistes« und des Abfalls des »Geistes« in die wissenschaftlich-technisch-historische Erfahrung und durch die Einbeziehung dieser in das »Erleben« — kurz durch die metaphysische Geschichte der »Wahrheit« ist endgültig innerhalb der Metaphysik jede Möglichkeit genommen, die αληθεια in der Richtung der Anwesung und verbergenden Entbergung und damit der Offenheit eines Offenen zu denken.

H***
(Besinnung, S. 317)

Inzwischen

Inwiefern ist das Ereignis gerade die ab-gründige Erwesung von Solchem? Die Frage klingt so, als sei das Seyn (Ereignis) zunächst wie etwas Für-sich-Wesendes gemeint, aus dem dann Übriges hergeleitet werden soll. Aber gerade die Anweisung von der »Zeit« her soll anzeigen, daß das Seyn als Abgrund im Inzwischen des »Seienden« west und allerdings nicht von dessen Seiendheit her, wohl aber von seiner verborgenen Wesung her, die es selbst mit ausmacht, bestimmt wird.

H***
(Besinnung, S. 309)

Die entrückende Lichtung

Die entrückende Lichtung weist auf Solches, was nie als Vorgang eines Seienden sich vorstellen läßt und gleichwohl an Wesung jegliches Seiende übertrifft, seiender ist als dieses. Die entrückende Lichtung zeigt nur an den Ab-grund-charakter des Seins und die Wesung des Ab-grundes; daß es jede Zuflucht an Bestehendes gerade ver-weigert und als diese Verweigerung zugleich doch die Zuweisung verschenkt in die Not einer Zugehörigkeit zu ihm.

H***
(Besinnung, S. 309)

Anzeige des Wesens des Ereignisses

Das Wesen des Er-eignisses muß für das erste Wissen seiner Nennung angezeigt werden; das kann nur bis zu dem »Ort« des Denkens geschehen, von dem aus der sich loswerfende Entwurf als ein geworfener möglich wird; ob er sich ereignet, ist Geschenk des Ereignisses. Die Anzeige des Wesens des Ereignisses bringt das Wissen vom entrückend-lichtenden Wesen der »Zeit« im Sinne des Zeit-Spiel-Raumes für die Bestimmung der Seiendheit als solcher, d.h. als Anwesung und Beständigkeit.

H***
(Besinnung, S. 309)

Der Austrag

»Was« ausgetragen wird, sind »Entgegnung« und »Streit«; beide sind selbst austragsamen Wesens und in ihren Entrückungen ineinander einfach verschränkt.

Ereignung ist Austrag.

H***
(Besinnung, S. 308)

Die Metaphysik denkt bedenkenlos

Das metaphysische Denken des Seyns bedenkt noch nicht sein Eigenstes: die Gegenwärtigkeit (Zeit) als den Gesichtskreis der ihm eigenen Auslegung der Seiendheit; vielmehr nimmt sich das Denken bedenkenlos und schlechthin als den zureichend bestimmten Gerichtshof für alle Wesensumgrenzung des Seins; diese Unbedenklichkeit des metaphysischen Denkens gegin die immer mehr sich verhärtende Verhüllung seines eigentlichen vollen Wesens, diese eigentümliche Herrschaft des sich selbstverständlichen Denkens in der Metaphysik ist gerade der Grund für alle innerhalb ihrer Geschichte stets wieder auftauchenden »Irrationalismen«, die sich ja nur durch eine noch gröberen »Rationalismus« auszeichnen, sofern mit diesem Wort bezeichnet sein soll der Vorrang des Denkens im Denken des Seins, ohne Bedenken dessen, was dieses Denken selbst ist.

H***
(Besinnung, S. 302)

Das Wissen vom Nichts in der Metaphysik

Warum aber ist der »Metaphysik« das Wissen vom Nichts versagt, warum wird sie in die Abwertung der Negation getrieben? Weil sie in der Frage nach dem »Sein« stets vom Seienden ausgeht und auf dieses zu das Sein als Seiendheit nimmt. Das Nichts wird hier sogleich zum Nicht des Seienden als solchen und im Ganzen zur reinen und bloßen »Negation« und zwar des Seienden; wo es aber zur Verneinung des Seins wird wie bei Hegel (das Un- aller Bestimmtheit und Vermittelung; Bestimmtheit aus Bestimmen als determinatio, im Sinne der praedicatio vera positiva, etwas als Gegenstand, als Objekt, tale quale, Qualität — Washeit), da ist das Sein als das unbestimmte Unmittelbare die höchste und damit nächste und leerste Seiendheit für das noch nicht zu sich selbst gekommene absolute Denken.

H***
(Besinnung, S. 294)

Der stürzende Umsturz

Wo das Wesen des Seyns in seine äußerste Wahrheit gegründet wird, erreicht die Geschichte des Menschen die Stufe der Untergangsfähigkeit, die höchste Höhe des tiefsten Sturzes; der stürzende Umsturz.

H***
(Besinnung, S. 293)

Die Frage des anderen Anfangs

Die Frage des anderen Anfangs (die eigentliche Grund-frage) lautet: Wie west das Seyn? Welches ist die Wahrheit des Seyns?

»Wie« — meint hier nicht die erklärende Art und Weise, sondern den Grund, der zu gründen ist von dem, was durch das Seyn als solches seinen innerste Wesensbestimmung erfährt — vom Menschen. Das Seyn wird aber nicht auf den Menschen »zurückgeführt«, sondern der Mensch wird der Vermenschung entrissen und in das Da-sein ver-wandelt, worin die Gründung der Lichtung geschieht, in derem Offenen das Seyn west.

H***
(Besinnung, S. 274)

Das erste Erstaunen vermag nicht... immer erstaunender zu werden

Weshalb gewinnt nun aber die erklärende Warumfrage die Oberhand? Weil nach dem ersten Erstaunen das Seiende mehr und mehr die Befremdlichkeit verliert und sich in den Bezirk des Sichauskennens eindrängt und aus diesem die Formen seiner Bestimmtheit (Aussage — λογος — Kategorien — die »vier Ursachen«) entnimmt. Das erste Erstaunen wird von der zunehmenden Bekanntheit des Seienden überwältigt, gibt dieser nach und so sich selbst auf und vermischt sich mit dem bloßen Sichwundern über das Verwunderliche (d.h. das in der τεχνη nicht sogleich Erklärbare). Das erste Erstaunen vermag sich nicht in den eigenen Ursprung seiner selbst zurückzugründen und immer erstaunender zu werden.

H***
(Besinnung, S. 273)

Übermachtung des Seienden

Die Frage, warum das Seiende sei, muß die Frage, was das Seiende sei, schon hinter sich haben; wie anders sollte »das Seiende« auf das Warum seines »Daß« befragt werden können? Mit dem Was es — das Seiende — sei, ist sein Daß zugestanden und in seiner Übermachtung erfahren. Im »Daß« es ist geht auf, was es ist — Seiendes, das Seiende. Aber im Er-staunen, das den Menschen stimmend vor das Daß und das in ihm mitleuchtende Was entrückt, wird zugleich und erst die anfängliche Stimmung zum Fragen gesammelt in der Weise, daß zuvor das Seiende als das Fragwürdigste erscheint.

H***
(Besinnung, S. 271)

Umwillen des Seyns

Umwillen des Seyns ist das Seiende und auch das Warum selbst, was uns sagt, daß das Seyn in der Wahrheit — in der Lichtung — west, die je nur in solchem Wissen und derjenigen Besinnung bestanden wird, die vom Seyn ereignet sind.

H***
(Besinnung, S. 269)

Das Warum und das Was

Warum ist überhaupt Seiendes und nicht vielmehr nichts? So wurzelhaft diese Frage scheinen mag, sie hängt doch nur im Vordergrund des gegenständlich vorgestellten Seienden. Sie weiß nicht, was sie fragt; denn damit jenes wese, was sie als Gegenmöglichkeit zur Wirklichkeit des Seienden, zum Seienden als dem Wirklichen, noch kennt, nämlich das Nichts, das sie zu kennen meint, muß ja das Seyn wesen, das einzig stark genug ist, das Nichts nötig zu haben.

H***
(Besinnung, S. 267)