Das Wesen des Willens

Das Gute ist überhaupt das Wesen des Willens in seiner Substantialität und Allgemeinheit, — der Wille in seiner Wahrheit; — es ist deswegen schlechthin nur im Denken und durch das Denken.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 126-127).

Das Wohl

Das Wohl hat in dieser Idee keine Gültigkeit für sich als Daseyn des einzelnen besondern Willens, sondern nur als allgemeines Wohl und wesentlich als allgemein an sich d.i. nach der Freyheit; — das Wohl ist nicht ein Gutes ohne das Recht.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 125).

Das Gute ist absoluter Endzweck der Welt

Das Gute ist die Idee, als Einheit des Begriffs des Willens und des besondern Willens, — in welcher das abstracte Recht, wie das Wohl und die Subjectivität des Willens und die Zufälligkeit des äußerlichen Daseyns, als für sich selbstständig aufgehoben, damit aber ihrem Wesen nach darin enthalten und erhalten sind, — die realisirte Freyheit, der absolute Endzweck der Welt.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 125).

Nothrecht

Die Besonderheit der Interessen des natürlichen Willens in ihre einfache Totalität zusammengefaßt, ist das persönliche Daseyn als Leben. Dieses in der letzten Gefahr und in der Collision mit dem rechtlichen Eigenthum eines andern hat ein Nothrecht (nicht als Billigkeit, sondern als Recht) anzusprechen, indem auf der einen Seite die unendliche Verletzung des Daseyns und darin die totale Rechtlosigkeit, auf der andern Seite nur die Verletzung eines einzeln beschränkten Daseyns der Freyheit steht, wobey zugleich das Recht als solches und die Rechtsfähigkeit der in diesem Eigenthum Verletzten anerkannt wird.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 123).

Aus gutem Herze, Gemüth und Begeisterung

Meine so wie der Andern Besonderheit ist aber nur überhaupt ein Recht, insofern ich ein Freyes bin. Sie kann sich daher nicht im Widerspruche dieser ihrer substantiellen Grundlage behaupten und eine Absicht meines Wohls, so wie des Wohls anderer, — in welchem Falle sie insbesondere eine moralische Absicht genannt wird, — kann nicht eine unrechtliche Handlung rechtfertigen.

Es ist vorzüglich eine der verderbten Maximen unsrer Zeit, die theils aus der Vorkantischen Periode des guten Herzens herstammt, und z.B. die Quintessenz bekannter rührender dramatischer Darstellungen ausmacht, bey unrechtlichen Handlungen für die sogenannte moralische Absicht zu interessiren und schlechte Subjecte mit einem seynsollenden guten Herzen, d.i. einem solchen, welches sein eigenes Wohl und etwa auch das Wohl anderer will, vorzustellen; theils aber ist diese Lehre in gesteigerter Gestalt wieder aufgewärmt und die innere Begeisterung und das Gemüth d.i. die Form der Besonderheit als solche, zum Kriterium dessen, was Recht, Vernünftig und Vortrefflich sey, gemacht worden, so daß Verbrechen und deren leitende Gedanken, wenn es die plattsten, hohlsten Einfälle und thörigtsten Meynungen seyen, darum rechtlich, vernünftig und vortrefflich wären, weil sie aus dem Gemüth und aus der Begeisterung kommen (...).

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 122-123).

Kammerdiener und Helden

— es ist die Ansicht "der psychologischen Kammerdiener, für welche es keine Helden giebt, nicht, weile diese keine Helden, sondern, weil jene nur die Kammerdiener sind."

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 121).

Wende- und Mittelpunkt

Das Recht der Besonderheit des Subjects, sich befriedigt zu finden, oder, was dasselbe ist, das Recht der subjectiven Freyheit macht den Wende- und Mittelpunkt in dem Unterschiede des Alterthums und der modernen Zeit.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 120).

Was das Subject ist...

Was das Subject ist, ist die Reihe seiner Handlungen.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 119).

Zwecke der Endlichkeit

Weiter bestimmten Inhalt aber hat die noch abstracte und formelle Freyheit der Subjectivität nur an ihrem natürlichen subjectiven Daseyn, Bedürfnissen, Neigungen, Leidenschaften, Meynungen, Einfälle u.s.f. Die Befriedigung dieses Inhalts ist das Wohl oder die Glückseeligkeit in ihren besonderen Bestimmungen und im Allgemeinen, die Zwecke der Endlichkeit überhaupt.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 119).

Die Absicht

Das Recht der Absicht ist, daß die allgemeine Qualität der Handlung nicht nur an sich sey, sondern von dem Handelnden gewußt werde, somit schon in seinem subjectiven Willen gelegen habe; so wie umgekehrt, das Recht der Objectivität der Handlung, wie es genannt werden kann, ist, sich vom Subject als Denkendem als gewußt und gewollt zu behaupten.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 117).

Die Handlung

Die Aeußerung des Willens als subjectiven oder moralischen ist Handlung. Die Handlung enthält die aufgezeigten Bestimmungen, α) von mir in ihrer Aeußerlichkeit als die Meinige gewußt zu werden, β) die wesentliche Beziehung auf den Begriff als ein Sollen und γ) auf den Willen Anderer zu seyn.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 110).

Bestimmtheit des Willens

Die Bestimmtheit ist im sich selbst bestimmenden Willen α) zunächst als durch ihn selbst in ihm gesetzt; — die Besonderung seiner in ihm selbst, ein Inhalt der er sich giebt. Dies ist die erste Negation und deren formellen Gränze, nur ein gesetztes, subjectives zu seyn. Als die unendliche Reflexion in sich ist diese Gränze für ihn selbst und er β) das Wollen, diese Schranke aufzuheben, — die Thätigkeit, diesen Inhalt aus der Subjectivität überhaupt, in ein unmittelbares Daseyn zu übersetzen. γ) Die einfache Identität des Willens mit sich in dieser Entgegensetzung ist der sich in beyden gleichbleibende, und gegen diese Unterschieder der Form gleichgültige Inhalt, der Zweck.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 108).

Moralität

Der moralische Standpunkt ist der Standpunkt des Willens, insofern er nicht bloß an sich, sondern für sich unendlich ist. Diese Reflexion des Willens in sich und seine für sich seyende Identität gegen das Ansichseyn und die Unmittelbarkeit und die darin sich entwickelnde Bestimmtheiten bestimmt die Person zum Subjecte.

He***
(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 105).

Die Rache

Das Aufheben des Verbrechens ist in dieser Sphäre der Unmittelbarkeit des Rechts zunächst Rache, dem Inhalte nach gerecht, insofern sie Wiedervergeltung ist. Aber der Form nach ist sie die Handlung eines subjectiven Willens, der in jede geschehene Verletzung seine Unendlichkeit legen kann und dessen Gerechtigkeit daher überhaupt zufällig, so wie er auch für den anderen nur als besonderer ist. Die Rache wird hiedurch, daß sie als positive Handlung eines besonderen Willens ist, eine neue Verletzung; sie verfällt als dieser Widerspruch in den Progreß ins Unendliche und erbt sich von Geschlechtern zu Geschlechtern ins Unbegrenzte fort.

He***

(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 101-102).

Aufheben des Verbrechens

Die verschiedenen Rücksichten, welche zu der Strafe als Erscheinung und ihrer Beziehung auf das besondere Bewußtseyn gehören und die Folgen auf der Vorstellung (abzuschrecken, zu bessern u.s.f.) betreffen, sind an ihrer Stelle und zwar vornehmlich bloß in Rücksicht auf die Modalität der Strafe, wohl von wesentlicher Betrachtung, aber setzen die Begründung voraus, daß das Strafen an und für sich gerecht sey. In dieser Erörterung kommt es allein darauf an, daß das Verbrechen und zwar nicht als die Hervorbringung eines Uebels, sondern als Verletzung des Rechts als Recht aufzuheben ist, und dann welche die Existenz ist, die das Verbrechen hat und die aufzuheben ist; sie ist das wahrhafte Uebel, das wegzuräumen ist, und worin sie liege, der wesentliche Punkt; (...)

He***

(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 97).

Der besondere Wille des Verbrechers

Die Verletzung aber, welche die an sich seyenden Willen (und zwar hiemit eben so diesem Willen des Verletzers, und Verletzten und Aller) widerfahren, hat an diesem an sich seyenden Willen als solchem keine positive Existenz, so wenig als an dem bloßem Producte. Für sich ist dieser an sich seyende Willen (das Recht, Gesetz an sich) vielmehr das nicht äußerlich existirende und insofern das Unverletzbare. Ebenso ist die Verletzung für den besondern Willen des Verletzten und der Uebrigen nur etwas Negatives. Die positive Existenz der Verletzung ist nur als der besondere Willen des Verbrechers.

He***

(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 96).

Verbrechen

Der erste Zwang als Gewalt von dem Freyen ausgeübt, welche das Daseyn der Freyheit in seinem concreten Sinne, das Recht als Recht verletzt, ist Verbrechen, — ein negativ-unendliches Urtheil in seinem vollständigen Sinne (Siehe meine Logik IIter B. S.99.)

He***

(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 93).

Erster, zweyter Zwang

Der Zwang hat davon, daß er sich in seinem Begriffe zerstört, die reelle Darstellung darin, daß Zwang durch Zwang aufgehoben wird; er ist daher nicht nur bedingt rechtlich, sondern nothwendig, — nemlich als zweyter Zwang, der ein Aufheben eines ersten Zwangs ist.

§ 94

Das abstracte Recht ist Zwangsrecht, weil ein Unrecht gegen dasselbe eine Gewalt gegen das Daseyn meiner Freyheit in einer äußerlichen Sache ist; die Erhaltung dieses Daseyns gegen die Gewalt hiemit selbst als eine äußerliche Handlung und eine jene erste aufhebende Gewalt ist.

He***

(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 92-93).

Gewalt ist unrechtlich

Weil der Wille, nur in so fern er Daseyn hat, Idee oder wirklich frey und das Daseyn, in welches er sich gelegt hat, Seyn der Freyheit ist, so zerstört Gewalt oder Zwang in ihrem Begriff sich unmittelbar selbst, als Aeußerung eines Willens, welche die Aeußerung oder Daseyn eines Willens aufhebt. Gewalt oder Zwang ist daher, abstract genommen, unrechtlich.

He***

(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 92).

Gewalt und Zwang

Als Lebendiges kann der Mensch wohl bezwungen, d.h. seine physische und sonst äußerliche Seite unter die Gewalt Anderer gebracht, aber der freye Wille kann an / und für sich nicht gezwungen werden (§ 5), als nur so fern er sich selbst aus der Aeußerlichkeit, an der er festgehalten wird, oder aus deren Vorstellung, nicht zurückzieht (§ 7). Es kann nur der zu etwas gezwungen werden, wer sich zwingen lassen will.

He***

(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 91-92).

Betrug

Das Recht an sich in seinem Unterschiede von dem Recht als besonderem und daseyenden, ist als ein gefodertes, zwar als das Wesentliche bestimmt, aber darin zugleich nur ein gefodertes, nach dieser Seite etwas blos subjectives, damit unwesentliches und blos scheinendes. So das Allgemeine von dem besondern Willen zu einem nur Scheinenden, — zunächst im Vertrage zur nur äußerlichen Gemeinsamkeit des Willens herabgesetzt, ist es der Betrug.

He***

(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 90).

Unrecht, Betrug und Verbrechen

Das Recht, das als ein Besonderes und damit Mannichfaltiges gegen seine an sich seyende Allgemeinheit / und Einfachheit die Form eines Scheines erhält, ist ein solcher Schein theils an sich oder unmittelbar, theils wird es durch das Subject als Schein, theils schlechthin als nichtig gesetzt; — unbefangenes oder bürgerliches Unrecht, Betrug und Verbrechen.

He***

(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 88-89).

Wirkliches, geltendes Recht

Diese Erscheinung des Rechts, in welchem dasselbe und sein wesentliches Daseyn, der besondere Wille, unmittelbar d.i. zufällig übereinstimmen, geht im Unrecht zum Schein fort, — zur Entgegensetzung des Rechts an sich und des besondern Willens, als in welchem es ein besonderes Recht wird. Die Wahrheit dieses Scheins aber ist, daß er nichtig ist und daß das Recht durch das Negiren dieser seiner Negation sich wieder herstellt, durch welchen Proceß seiner Vermittlung, aus seiner Negation zu sich zurück zu kehren, es sich als Wirkliches und Geltendes bestimmt, da es zuerst nur an sich und etwas Unmittelbares war.

He***

(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 88).

Stipulation des Vertrags

Durch die Stipulation habe ich ein Eigenthum und besondere Willkühr darüber aufgegeben und es ist bereits Eigenthum des andern geworden, ich bin daher durch sie unmittelbar zur Leistung rechtlich verbunden.

Der Unterschied von einem bloßen Versprechen und einem Vertrag liegt darin, daß in jenem das, was ich schenken, thun, leisten wolle, als ein Zukünftiges ausgesprochen ist und noch eine subjective Bestimmung meines Willens bleibt, die ich hiemit noch ändern kann. Die Stipulation des Vertrages hingegen ist schon selbst das Daseyn meines Willensbeschlusses, in dem Sinne, daß ich hiemit meine Sache veräußert, sie itzt aufgehört habe mein Eigenthum zu seyn und daß ich sie bereits als Eigenthum des Andern anerkenne.

He***

(Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, S. 82).