Das Zeug ist am Ende

Das Fertige ist fertig, heißt nicht nur: 1. es ist vollendet, 2. es ist dienlich für..., sondern heißt 3. es kann in seinem spezifischen Sein (Zeugsein) als solchem nicht weiter; es ist zu Ende mit ihm, das heißt, es ist und bleibt eben als Hergestelltes und nur als solches beibringbar, brauchbar. In seinem Zeugsein ermöglicht es zwar und schreibt je eine bestimmte Verwendung vor. Aber über diese selbst, ob sie stattfindet oder nicht und wie, darüber verfügt das Zeug nicht nur nicht, sondern das Zeugsein ist auch in sich kein Drängen danach. Das Zeug ist lediglich dienlich, und damit ist es mit seinem Sein am Ende.

H***
(Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 330).

Die Fähigkeit besitzt Organe

Das Zeug hat in der Verfertigung eine bestimmte Fertigkeit für... gewonnen und besitzt sie. Das Organ ist umgekehrt ein Besitz einer Fähigkeit. Das Besitzende ist dabei die Fähigkeit, nicht das Organ. Das Fähigsein verschafft sich Organe, nicht werden Organe mit Fähigkeiten oder gar Fertigkeiten ausgestattet.

H***
(Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 324).

Der Organismus hat Fähigkeiten

Der Federhalter ist als Zeug fertig für das Schreiben, aber er hat keine Fähigkeit zum Schreiben. Er ist qua Feder nicht fähig zu schreiben. Es kommt darauf an, die Fertigkeit als eine bestimmte Art des Könnens, die wir dem Zeug zusprechen, von der Fähigkeit zu unterscheiden.

Organe haben Fähigkeiten, aber eben als Organe, d.h. als zugehörig zum Organismus. Das Werkzeug schließt dagegen wesenhaft eine Zugehörigkeit zu anderem aus in dem Sinne, daß es durch eine solche Zugehörigkeit den Charakter das Fähigseins bekäme. Wenn aber andererseits das Organ als Organ, d.h. als zugehörig und entwachsend dem Organismus, Fähigkeiten zu etwas hat, dann muß strenger gesagt werden: nicht das Organ hat eine Fähigkeit, sondern der Organismus hat Fähigkeiten. Er kann sehen, hören und dergleichen. Die Organe sind »nur« zum Sehen, aber gleichwohl keine Werkzeuge. Die Organe sind nicht dazu, in die Fähigkeit nachträglich eingebaut, sondern sie entwachsen ihr und gehen in ihr auf, verbleiben in ihr, und gehen in ihr unter.

H***
(Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 322-324).

Weshalb hat das Tier Augen?

Kann das Tier sehen, weil es Augen hat, oder hat es Augen, weil es sehen kann?

Weshalb hat das Tier Augen? Warum kann es solche haben? Nur weil es sehen kann. Augen besitzen und sehen können ist nicht dasselbe. Sas Sehenkönnen ermöglicht erst den Besitz von Augen, macht ihn in gewisser Weise notwendig.

H***
(Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 318).

Sich in ein Stein versetzen

Bezüglich des Steins ist die Frage: Können wir uns in einen Stein versetzen?, grundsätzlich unmöglich, und die Frage nach einem Weg des faktischen Sichversetzens ist daher erst recht ohne Sinn.

H***
(Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 304).

Sich faktisch in das Tier versetzen

Die Versetztbarkeit des Menschen in das Tier ist für den Menschen grundsätzlich möglich, d.h. diese Möglichkeit steht für ihn sinnvoll gar nicht in Frage. Fraglich ist nur die faktische Verwirklichung dieser Möglichkeit des Sichversetzens in das Tier.

H***
(Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 304).

Nebeneinanderhergehen

Aus mancherlei und z.T. wesentlichen Gründen ist nun aber dieses miteinander ein Auseinander- und Gegeneinandergehen, oder aber, zunächst und zumeist, ein Nebeneinanderhergehen. Gerade dieses unauffällige, selbstverständliche Nebeneinanderhergehen als bestimmte Weise des Miteinander und des Versetztsein ineinander, dieses Nebeneinanderhergehen erweckt den Schein als müßte dieses Nebeneinander zunächst überbrückt werden, als bestünde überhaupt noch kein Versetztsein ineinander, als müßte der eine sich erst in den anderen einfühlen, um zu ihm zu kommen.

H***
(Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 302).

Nichtmitgehenkönnen

Denn wir wissen aus der alltäglichen Daseinserfahrung und sprechen es oft aus, fast im Sinne einer Klage, daß wir uns so schwer in den anderen Menschen versetzen und so selten wirklich mit ihm mitgehen können.

Und doch: Wie oft und lange tragen wir schwer an dem Nichtmitgehenkönnen mit den Anderen. Und kommt nicht jedesmal ein neuer Schwung in unser Dasein, wenn in einer wesentlichen Beziehung zu anderen Menschen uns ein solches Mitgehen gelingt? Demnach ist das Mitgehenkönnen, das Sichversetzenkönnen, doch fraglich auch für den Menschen, obwohl er, ja gerade weil er dem Wesen seines Seins entsprechend immer schon in einem Mitsein mit Anderen steht.

H***
(Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 300-302).

Können wir?

Können wir uns in den Stein versetzen? Können wir uns in das Tier versetzen? Können wir uns in den Menschen versetzen?

H***
(Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 296).

Der Stein ist weltlos

Der Stein ist, d.h. er ist das und das, und als solches ist er dort und da, bzw. er ist nicht vorhanden. Er ist — aber zu seinem Sein gehört die wesenhafte Zugangslosigkeit zum Seienden, darunter er nach seiner Art (Vorhandensein) ist. Der Stein ist weltlos. Weltlosigkeit eines Seienden sagt jetzt: die zu der Seinsart gerade charakterisierende Zugangslosigkeit zu dem Seienden (als Seiendem), worunter das betreffende Seiender dieser Seinsart ist. Es geht nicht an, diese Zugangslosigkeit des Steins als einen Mangel auszugeben. Denn diese Zugangslosigkeit ermöglicht gerade das spezifische Sein, d.h. den Seinszusammenhang der materiellen physischen Natur und ihre Gesetzlichkeit.

H***
(Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 290-1).

Die Ar-mut

Das Arme ist keineswegs das bloße «Weniger», das bloße «Geringer» gegenüber dem «Mehr» und dem «Größer». Armsein heißt nicht einfach, nichts oder wenig oder weniger besitzen als der andere, sondern Armsein heißt Entbehren. Dieses Entbehren, wiederum ist in verschiedener Weise möglich — in der Hinsicht, wie der Arme entbehrt, sich im Entbehren verhält, wie er sich dazu stellt, wie er das Entbehren nimmt, kurz, was er entbehrt und vor allem wie, nämlich wie ihm dabei zu Mute ist — Ar-mut.

H***
(Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 287).

Das Tier ist weltarm

Das Tier ist weltarm. Es hat weniger. Wovon? Von solchem, das ihm zugänglich ist, von solchem, womit es als Tier umgehen kann, wovon es als Tier angegangen werden kann, wozu es als Lebendiges in Beziehung steht. Weniger im Unterschied zu dem Mehr, zum Reichtum, über den die Bezüge des menschlichen Daseins verfügen.

H***
(Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 284-5).

Biologie und Metaphysik

Weil aber die Existenz jeder Wissenschaft — und so auch der Biologie — geschichtlich ist, kann ihr Geschehen und ihr Verhältnis zur Metaphysik nicht so gedacht und eingerichtet werden, daß die Biologie gleichsam ihre positive Forschungsarbeit aussetzt, bis eine zureichende metaphysische Theorie des Lebens zur Verfügung steht. Ebensowenig kann eine rein für sich bestehende, freischwebende metaphysische Theorie nur nachträglich, als sogenannte Zusammenfassung, von irgendwelcher Bedeutung sein. Positive Forschung und Metaphysik sind so nicht zu trennen und gegeneinander auszuspielen.

...sondern die innere Einheit von Wissenschaft und Metaphysik ist eine Sache des Schicksals.

H***
(Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 279).

Die Biologie

Die Wissenschaft der Biologie steht vor der Aufgabe eines ganz neuen Entwurfes dessen, wonach sie fragt.

H***
(Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 278).

Dialektik ist Verlegenheit

Mit diesem Zirkelhaften des philosophierenden Denkens hängt seine Zweideutigkeit zusammen, die nicht zu beseitigen und noch weniger durch Dialektik auszugleichen ist. Es ist charakteristisch, daß wir in der Philosophie und ihrer Geschichte immer wieder, und zuletzt in großer und genialer Form, den Versuch finden, diese Zirkelhaftigkeit und Zweideutigkeit des philosophierenden Denkens auszugleichen auf dem Wege einer Dialektik. Alles Dialektik in der Philosophie aber ist der Ausdruck einer Verlegenheit.

H***
(Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 276).

Zoologie und Metaphysik

Woher stammt dieser Satz: Das Tier ist weltarm? Wir werden wieder sagen: aus der Zoologie, denn sie handelt von den Tieren. Aber gerade weil sie davon handelt, kann dieser Satz nicht Ergebnis ihrer Untersuchung sein, sondern deren Voraussetzung. Denn in dieser Voraussetzung vollzieht sich am Ende eine Vorausbestimmung dessen, was überhaupt zum Wesen des Tieres gehört, d.h. eine Umgrenzung des Feldes, innerhalb dessen die positive Untersuchung der Tieren sich zu bewegen hat. Wenn aber in der These eine Voraussetzung für alle Zoologie liegt, dann ist sich nicht durch diese erst zu gewinnen.

H***
(Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 275).

Die Frage: Was ist Welt

  1. Der Stein ist weltlos.
  2. Das Tier ist weltarm.
  3. Der Mensch ist weltbildend.

H***
(Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 272).

Die metaphysischen Fragen bleiden ohne Antwort

Wir fragen: Was ist Welt? Wir fragen so, nicht um irgendeine Antwort, gar in Form einer »Definition« zu gewinnen, sondern um eine metaphysische Frage wirklich zu entfalten. In der recht entfalteten Frage liegt das eigentliche metaphysische Begreifen. Anders gesagt, die metaphysischen Fragen bleiben ohne Antwort — im Sinne der Mitteilung eines erkannten Sachverhaltes. Die metaphysischen Fragen bleiben ohne Antwort nicht deshalb, weil diese Antwort nicht zu erreichen ist, weil Metaphysik unmöglich wäre, sondern weil solches Antworten im Sinne der Mitteilung eines festgestellten Sachverhaltes diesen Fragen nicht genügt, wohl aber sie verdirbt und erstickt.

H***
(Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 273).

Zusammenhang zwischen Schöpfertum und Melancholie

Um diesen Zusammenhang zwischen Schöpfertum und Melancholie wußte schon Aristoteles, wenn er die Frage stellt: Δια τι παντες οσοι περιττοι γεγονασιν ανδρες η κατα φιλοσοφιαν η πολιτικην η ποιησιν η τεχνας φαινονται μελαγχολικοι οντες: Aus welchem Grund sind alle Männer, die Überragendes geleistet haben — sei es in der Philosophie, sei es in der Politik, sei es in der Poesie oder in den bildenden Künsten — offensichtlich Melancholiker?

H***
(Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 271).

In der Schwermut

Freiheit ist nur, wo das Übernehmen einer Bürde ist. Im Schaffen ist ja nach seiner Art diese Bürde ein Muß und eine Not, an der der Mensche schwer trägt im Gemüt, so daß im schwer zumute ist. Alles schöpferische Handeln ist in der Schwermut — ob es klar darum weiß oder nicht, ob es weitläufig darüber spricht oder nicht.

H***
(Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 270).

Der Blick ins Zentrum

Wen bei einer philosophischen Frage noch die der Schwindel gefaß hat, der hat noch nie philosophierend gefragt, d.h. ist noch nie im Kreise gegangen. Bei dieser Kreisbewegung ist nicht das entscheidend, was der vulgäre Verstand allein sieht, das Entlanglaufen an der Peripherie und das Zurückkommen an dieselbe Stelle auf der Peripherie, sonder das im Kreisgang mögliche und in ihm allein mögliche Blicken ins Zentrum als solches. Dieses als ein solches offenbart sich nur im Kreisen um es. Daher führen alle Versuche, das Zirkelhafte aus der Philosophie hinauszuargumentieren, von der Philosophie weg (...).

H***
(Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 267).

Im Kreise

So bewegen wir uns hier ständig im Kreise. Das ist das Zeichen, daß wir im Bereich der Philosophie uns bewegen.

H***
(Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 266).

Angesagtes im Ausbleiben der Bedrängnis

Was ist in diesem Ausbleiben der Bedrängnis, in diesem Sichversagen des Seienden im Ganzen mit angesagt? Welche bestimmte Hingehaltenheit kann zu dieser bestimmten Leergelassenheit gehören?

Was ist das? Dieses, daß dem Menschen das Dasein als solches zugemutet wird, daß ihm aufgegeben ist — da zu sein.

H***
(Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 246).

Das Ausbleiben der Bedrängnis

Das Ausbleiben der Bedrängnis ist das im Grunde Bedrängende und zutiefst Leerlassende, d.h. die im Grunde langweilende Leere.

H***
(Die Grundbegriffe der Metaphysik, S. 244).