Ethische Konfusion

Die ursprüngliche ethische Konfusion der europäischen Philosophie manifestiert sich in zwei komplementären altehrwürdigen Irrtümern, die die Geschichte des Nachdenkens über die Frage, wie Menschen leben sollen, durchziehen: Der erste verwechselt die Zügelung der Leidenschaften mit der Austreibung von niedren Dämonen, der zweite verwechselt die Überwindung der schlechten Gewohnheiten mit der Erleuchtung durch höhere Geister. Für den ersten Irrweg sind die stoischen und gnostischen Strömungen mit ihrem Streben nach Apathie bzw. schnellem Entkommen in die Überwelt repräsentativ, für den zweiten die platonischen und mystischen Überlieferungen mit ihrer Neigung zur Abtötung des Fleisches bzw. zum Überfliegen des verkörperten Daseins.

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(Du mußt dein Leben ändern, S. 265-266).