Paideia

Die Basiskonfusion der griechischen Ethik wie der zu ihr gehörigen Erziehungskunst entspringt dem Umstand, daß sie nie imstande war, den Unterschied zwischen Leidenschaften und Gewohnheiten in der nötigen Klarheit herauszuarbeiten — weshalb sie den korrespondierenden Unterschied zwischen Herrschaft und Übung ebenfalls nie deutlich auf den Begriff brachte. Die Konsequenzen zeigen sich in der mehr als zweitausendjährigen Zweideutigkeit der europäischen Pädagogik. Diese erstickte ihre Zöglinge anfangs oft unter herrschaftlicher Disziplin, indem sie sie wie Untertanen behandelte, um sie zuletzt immer öfter wie falsche Erwachsene anzusprechen und aus jeder Disziplin und Übungsspannung zu entlassen. Daß Schüler zunächst und zumeist werdende Athleten sind, um nicht Akrobaten zu sagen, die es in Form zu bringen gilt, wurde wegen der moralistischen und politischen Mystifikation der Pädagogik nie mit der in einer so bedeutenden Sache gebotenen Explizitheit herausgestellt.

Sl***

(Du mußt dein Leben ändern, S. 263).